Veranstaltung: | 40. Ordentliche Bundesdelegiertenkonferenz |
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Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Gorden Isler (KV Hamburg Eimsbüttel, Sprecher LAG WiFi) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 29.09.2016, 16:07 |
V-21: Antrag zur Gleichwertigkeit der Abzugsfähigkeit von Spenden
Antragstext
Bündnis 90/Die Grünen setzen sich in Zukunft auf allen Ebenen für die Gleichwertigkeit der
einkommensteuermindernden Abzugsfähigkeit von Zuwendungen an gemeinnützige und mildtätige
Organisationen, an politische Parteien oder an Kirchen ein. In Zukunft sollen sich alle
Spenden in gleicher Art und Weise auf die Reduzierung des zu versteuernden Einkommens
auswirken und die Höchstbeträge für Spenden angeglichen werden.
Begründung
Begründung: Laut §34g EStG können Zuwendungen an politische Parteien oder an Wählervereine ohne Parteicharakter die Einkommenssteuer unmittelbar reduzieren. So erhalten alleinstehende Spender*innen 50 Prozent ihrer Zuwendung bis zu einem Höchstbetrag von 825 € zurück. Konkret können Spender*innen so bis zu 1.650 € zum Beispiel an eine politische Partei spenden und, unabhängig von der Höhe ihres Steuersatzes, mit der Einkommensteuererklärung in jedem Fall 825 € zurückerhalten. Bei verheirateten Spender*innen verdoppeln sich die Höchstbeträge entsprechend. Es ist dabei völlig unerheblich, ob die Spender*innen 30.000 €, 60.000 € oder 300.000 € Jahreseinkommen erzielen.
Spenden an gemeinnützige und mildtätige Organisationen sind hingegen lt. §10b EStG nur bis zu 20 Prozent vom Gesamtbetrag der Einkünfte steuerlich abzugsfähig. Es gibt auch keine pauschale Steuerermäßigung, da Spenden nach §10b EStG lediglich das zu versteuernde Einkommen reduzieren. Eine Spende von 1.650 € an eine gemeinnützige Organisation würde so im besten Fall zu einer Steuerersparnis von ca. 765 € führen. In diesem Beispiel wurde allerdings der Höchststeuersatz zugrunde gelegt. Beträgt das zu versteuernde Einkommen von Alleinstehenden z.B. 60.000 €, so erhalten die zum spenden geneigten Spender*innen noch ca. 715 €. Bei einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 30.000 € erhielten die Spender*innen nur noch ca. 530 € zurück.
Die derzeitigen steuerlichen Vorschriften führen zu einer grundsätzlichen Besserstellung von politischen Parteien gegenüber gemeinnützigen und mildtätigen Organisationen. Dieser Effekt verstärkt sich umso mehr bei Spender*innen mit geringen Jahreseinkommen. Je geringer das Jahreseinkommen der Spender*innen, desto größer die Schere zwischen den steuerlichen Vorteilen des §34g EStG gegenüber §10b EStG. Sicher hat der Gesetzgeber an dieser Stelle nicht primär das Ziel der Ungleichbehandlung verfolgt. Fernab der Gesetzbücher kann diese Regelung aber durchaus als Ungerechtigkeit empfunden werden, wenn den Spender*innen die unterschiedliche steuerliche Wirkung der Spenden bewusst wird. So könnte der Eindruck entstehen, dass der Gesetzgeber Spenden an politische Parteien eine höhere Wertigkeit zuordnet, als Spenden an gemeinnützige und mildtätige Organisationen.
Wie absurd diese Schlechterstellung von gemeinnützigen und mildtätigen Organisationen ist, könnte an folgendem Beispiel noch deutlicher werden. Zwei Spender*innen spenden am Ende des Jahres 2016 jeweils 500 €. Beide haben den gleichen Beruf und ein identisches Jahreseikommen in Höhe von 30.000 €. Spenderin A entscheidet sich für eine Spende an eine gemeinnützige Organisation, die sich für die Rettung in Seenot geratener Geflüchteter einsetzt und tausenden Menschen das Leben rettet. Im Folgejahr erhält Spenderin A dafür ca. 153 € durch ihre Einkommensteuererklärung für das Jahr 2016 zurück. Spenderin B hingegen überweist ihre 500 € an eine politische Partei ihrer Wahl. Es ist dabei völlig unerheblich, für welche programmatischen Inhalte sich die Partei einsetzt. Im Folgejahr wird Spenderin B dafür ca. 264 € durch ihre Einkommenssteuererklärung für das Jahr 2016 zurückerhalten, also 111 € mehr als Spenderin A.
Man könnte an dieser Stelle einwenden, dass das wichtigste Motiv für eine Spende nicht die Abzugsfähigkeit ebendieser Spende bzw. die anschließende Steuerersparnis ist. Dieses Argument zieht jedoch verschiedene Fragen nach sich. Aus welcher Motivation heraus entscheiden Spender*innen über den Empfänger der Spende? Wann überweisen Spender*innen an politische Parteien und wann an gemeinnützige oder mildtätige Organisationen? Wenn also der steuerliche Anreiz keinen Einfluss auf die Motivation der Spender*innen hat, warum gibt es dann diese steuerliche Ungleichheit?
Den Parteien kommt nach §21 GG und §18PartG eine besondere Bedeutung in Deutschland zu. Der Unterschied in der Besteuerung sei insofern rechtens, als dass er auf Höchstbeträge gedeckelt ist. Insofern diese steuerlichen Vorteile nicht auf alle gemeinnützigen und mildtätigen Organisationen angewendet werden können, sollten wir dennoch prüfen, ob nicht mindestens jene gemeinnützigen und mildtätigen Organisationen berücksichtigt werden können, die satzungsgemäß den Gesetzen der §1-19 des Grundgesetzes Rechnung tragen. Es gibt viele Organisationen, die sich weltweit für die dort beschriebenen Menschen- und Bürgerrechte einsetzen.
Spenden an gemeinnützige und mildtätige Organisationen sollten also grundsätzlich, genau wie Spenden an politische Parteien, bis zu einem Höchstbetrag von 1.650 € für alleinstehende Spender*innen und bis zu 3.300 € für verheiratete Spender*innen, behandelt werden. In beiden Fällen sollte es zu einer Steuerermäßigung von 50 Prozent der Zuwendung kommen. Alle steuerlichen Rechtsvorschriften in diesem Kontext sollten auf soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit hin überprüft werden. Die Höchstbeträge sollten in Hinsicht auf die Förderung des Gemeinwohls und des zivilgesellschaftlichen Engagements grundsätzlich angehoben werden.
Bündnis 90/Die Grünen müssen derlei Ungerechtigkeiten ins Auge fassen. Die Anerkennung und Wertschätzung zivilgesellschaftlichen und ehrenamtlichen Engagements muss sich auch in den steuerlichen Vorschriften unseres Landes widerspiegeln. Das muss auch dann gelten, wenn unsere Partei selbst Profiteur dieser steuerlichen Regelungen ist.
Weitere Antragsteller*innen
- Benjamin Holm (KV Hamburg Nord)
- Marko Knudsen (KV Hamburg Nord)
- Dr. Anil Kaputanoglu (KV Hamburg Nord)
- Thea Suh (KV Hamburg Nord)
- Ercan Kilic (KV Salzgitter)
- Mathias Raudies (KV Berlin-Marzahn/Hellersdorf)
- Dominik Lorenzen (KV Hamburg Eimsbüttel)
- Annette Muggenthaler (KV Karlsruhe-Stadt)
- Stephan Wiese (KV Stormarn)
- Leonie Sieger (KV Bottrop)
- Aramak Erk (KV Hamburg Eimsbüttel)
- Christoph Krieger (KV Kiel)
- Anita Parker (KV Mönchengladbach)
- Krystyna Grendus (KV Odenwald Kraichgau)
- Ali Mir Agha (KV Hamburg Eimsbüttel)
- Anna Gallina (KV Hamburg Eimsbüttel)
- Frithjof Rittberger (KV Tübingen)
- Prof. Dr. Jörg Rossbach (KV Hamburg Altona)
- Astrid Rothe-Beinlich (KV Weimar)
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