Veranstaltung: | 40. Ordentliche Bundesdelegiertenkonferenz |
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Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Bundesvorstand (dort beschlossen am: 30.09.2016) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 30.09.2016, 16:06 |
V-60: Finanzkompromiss zur Entsorgung und vollständiger Atomausstieg!
Antragstext
Die Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen stellt fest:
Lange haben wir Grünen darauf gedrängt, die Rückstellungen der Atomkonzerne für die nukleare
Entsorgung besser zu sichern. Dazu hat die Bundesregierung neben Ole von Beust und Matthias
Platzeck Jürgen Trittin als Vorsitzenden der Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des
Kernenergieausstiegs (KFK) benannt. Die Mitwirkung der Grünen hat zu einer deutlichen
qualitativen Verbesserung im Ergebnis der KFK geführt.
Ziel der Kommission war es für die über Jahrzehnte gehende Stilllegung, Verpackung,
Zwischen- und Endlagerung einen möglichst konsensuellen und damit stabilen Rechtsrahmen zu
schaffen. Dieses ist auch im Interesse der Bürger*innen - nicht nur in der Nachbarschaft von
Atomanlagen.
Der Bericht der Kommission bietet eine gute Grundlage zur besseren finanziellen Sicherung
des Atomausstiegs. Er fand einem breiten politischen und gesellschaftlichen Konsens.
Einstimmig trugen ihn Vertreter*innen der Grünen, der CDU, der CSU, der SPD ebenso mit, wie
die Vertreter*innen von WWF, DGB und BDI. Wir erwarten von Bundesregierung, Bundestag und
Bundesrat, dass sie diesen Konsens nun ohne Abstriche umsetzen. Es muss gesichert werden,
dass nicht die Steuerzahler*innen erneut für etwas bezahlen, für das sie als Stromkund*innen
schon einmal bezahlt haben.
Der Vorschlag der Kommission sieht vor, dass die Atomkonzerne RWE, E.on, EnBW und Vattenfall
die Kosten der Stilllegung und des Rückbaus der Atomkraftwerke weiterhin vollständig zu
tragen haben. Diese dürften sich bis 2040 auf fast 60 Mrd. aufsummieren. Dafür müssen die
Konzerne künftig diese Rückstellungen, anders als bisher, mit Aktiva unterlegen. Damit es
nicht zu weiteren Verzögerungen bei der Abwicklung der Atomkraft kommt, werden die Konzerne
zum unverzüglichen Rückbau verpflichtet.
Bei den Kosten für die Zwischen- und Endlagerung kommt es endlich zu dem von Grünen lange
geforderten öffentlich-rechtlichen Fonds. Anders als heute sind damit die dem Fonds
übertragenen Mittel der Konzerne langfristig gegen Konkurs, Ausgliederungen oder Übernahmen
gesichert. Gerade für die Jahrzehnte währende Aufgabe der Zwischen- und Endlagerung ist dies
von zentraler Bedeutung. Denn hier droht derzeit - allen Haftungsregeln auf dem Papier zum
Trotz - ein Risiko von mehr als 50 Prozent dass diese Mittel am Ende nicht mehr zur
Verfügung stehen.
Künftig sollen die 17,2 Milliarden Euro, die die Konzerne bisher an Rückstellungen für
Zwischen- und Endlagerung gebildet haben, vollständig in einen öffentlich-rechtlichen Fonds
eingezahlt werden. In die Berechnung dieser Kosten war bisher - anders als in fast allen
anderen Atomkraft betreibenden Staaten - neben einer durchschnittlichen Inflation von 1,6
Prozent zusätzlich eine jährlich Kostensteigerung im Atombereich von 2 Prozent unterstellt
worden. Damit wären Zahlungen von rund 100 Mrd. bis 2099 abgedeckt.
Trotz der schon eingepreisten Kostensteigerungen hat die Kommission einen über die
Rückstellungen hinausgehenden Risikoaufschlag von über 6 Milliarden Euro verlangt, als Preis
für eine Enthaftung der Unternehmen. Dieser Aufschlag soll das Risiko anhaltend niedriger
Zinsen abdecken. Durch die Aufstockung des Kapitals des Fonds um 35 Prozent wird das
Zahlungsziel von rund 110 Milliarden auch bei einem geringen Realzins erreicht.
Gleichzeitig verpflichten sich die Atomkonzerne, alle Klagen im Zusammenhang mit der
Endlagerung zurückzuziehen. Rücklagen dürfen außerdem nicht für eventuelle Strafzahlungen im
Zusammenhang mit dem Atomausstieg zweckentfremdet werden.
Die Bundesdelegiertenkonferenz:
begrüßt das Ergebnis der Kommission. Mit diesem Vorschlag wird spät aber nicht zu spät, die
Abwicklung der Atomkraft auf eine solide finanzielle Grundlage gestellt. Es war richtig,
Forderungen der Unternehmen nach Reduktion ihrer Rückstellungen nicht nachgegeben zu haben.
Die begonnene Flucht der Atomkonzerne aus der Verantwortung wird mit dem Vorschlag gestoppt.
Das Verursacherprinzip wird gestärkt.
bedauert, dasses nicht früher zu einemsolchen Konsens gekommen ist. Dies hätte es erlaubt,
sämtliche Entsorgungsmaßnahmen in einem öffentlich-rechtlichen Fond zu sichern. So konnten
die Mittel für Stilllegung, Abriss und Verpackung nur besser in den Unternehmen gesichert
werden. Umso wichtiger ist es zu sichern, dass künftig (Konzern-) Mütter für ihre Töchter
und mit dem Vermögen ihrer Töchter für die Entsorgung haften. Dennoch bleiben Risiken. Es
ist dem späten Handeln geschuldet, dass es heute nur noch möglich ist, Risiken deutlich zu
mindern, aber nicht mehr völlig auszuschließen.
unterstreicht, dass mit der Überführung der Konzernrückstellungen für Zwischen- und
Endlagerung plus einem Risikozuschlag in einen öffentlich-rechtlichen Fonds eine langjährige
Forderung der Grünen umgesetzt wurde. Künftig sind diese Mittel gegenInsolvenzen, Übernahmen
und Enthaftungen gesichert. Damit wird der ergebnisoffene Endlagerprozess demokratisch
gesteuert und nicht länger mit finanziellen Ansprüchen der Konzerne belastet.
erwartet von der Bundesregierung, dass die Vorschläge der Kommission ohne Abstriche
umgesetzt werden. In diesem Fall fordert sie die Bundestagsfraktion und die von Grünen
mitregierten Länder auf, der Umsetzung der Vorschläge in Bundestag und Bundesrat zuzustimmen
und sich für einen konsequenten Atomausstieg einzusetzen.
fordert von den Atomkonzernen, sämtliche Klagen gegen den Atomausstieg endlich fallen zu
lassen. Die Bundesregierung muss auch über den 31.12.2016 hinaus die Brennelemente-Steuer
erheben.
fordert die Bundestagsfraktion auf, sich dafür einzusetzen, dass derAtomausstiegund der
Verzicht auf eine künftige Nutzung der Atomkraft ins Grundgesetz aufgenommen werden. So
können künftige Bundesregierungen den Atomausstieg ohne eine 2/3 Mehrheit im Parlament nicht
rückgängig machen.
fordert, alle politischen und rechtlichen Mittel zu nutzen, um auch die Arbeit der
Brennelemente-Fertigungsanlage in Lingen und der Urananreicherung in Gronauzu beenden.
Deutschland darf Pannenmeiler in Tihange und Doel nicht weiter beliefern. Die
Bundesregierung muss sich auch international für den Atomausstieg einzusetzen.
verlangt eine Wende in der Nuklearforschung: Öffentliche Forschungsgelder der
Bundesregierung dürfen nicht weiter für die Nutzung der Atomkraft (z.B. Fusionsforschung in
Greifswald und Mitfinanzierung ITER-Reaktor in Frankreich) ausgegeben werden, sondern müssen
Sicherheitsfragen des Atomausstieg und der Lagerung von Atommüll bearbeiten. Diese
ausstiegsbezogene Forschung ist dringend zu intensivieren.
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