Veranstaltung: | 40. Ordentliche Bundesdelegiertenkonferenz |
---|---|
Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Matthi Bolte (KV Bielefeld) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 30.09.2016, 21:13 |
V-57: Freifunk fördern – Gemeinnützigkeit anerkennen – Rechtssicherheit schaffen
Antragstext
Der freie Zugang zum Internet ist eine der zentralen Teilhabe- und Gerechtigkeitsfragen
unseres digitalen Zeitalters. Wir GRÜNE stehen für ein offenes Internet und die Ermöglichung
digitaler Teilhabe aller Menschen.
Wir GRÜNE sind Teil der Freifunk-Bewegung und unterstützen Freifunk als Partei und in den
Parlamenten, wo es nur geht. Denn Freifunk ist weit mehr als nur ein kostenloser
Internetzugang: Freifunk ist offen und dezentral. Freifunk ist in der Hand der Bürger*innen
und nicht in denen übermächtiger Konzerne. Freifunk erlaubt eine nichtkommerzielle, freie
und anonyme Nutzung des Internets.
WLAN-Ausbau weiter fördern – Nein zum WLAN-Perso
Beim WLAN-Ausbau ist Deutschland noch immer abgeschlagen. Während es in zahllosen anderen
Staaten seit Jahren selbstverständlich ist, auf öffentlichen Plätzen, in Fußgängerzonen,
Geschäften oder Cafés ins Internet gehen zu können, stagniert der WLAN-Ausbau in Deutschland
seit vielen Jahren – vor allem wegen gravierender politischer Fehlentscheidungen der
Bundesregierung.
Ihr Versprechen, die seit langem bestehende Rechtsunsicherheit für die Betreiber*innen
offener Funknetze zu beseitigen, hat die Bundesregierung bis heute nicht eingehalten. Dies
führt dazu, dass viele Menschen ihre Netze ihre Netze noch immer nicht Dritten gegenüber
öffnen, da sie fürchten, für durch Dritte verursachte Rechtsverstöße als „Störer“ in Haftung
genommen zu werden. Auch das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat leider
nicht die erhoffte Rechtssicherheit gebracht – im Gegenteil. Genau hierauf hatte die
Bundesregierung aber gesetzt.
Das Urteil lässt die Möglichkeit offen, Anordnungen für eine Passwortsicherung des WLANS zu
erlassen. WLAN-Betreiber sollen zudem verpflichtet werden können, vor Herausgabe des
Passworts einen Identitätsnachweis von den Nutzer*innen zu verlangen. Letzteres ist für die
Praxis völlig untauglich und kontraproduktiv für die Erreichung des Ziels einer
flächendeckenden WLAN-Zugangs, den auch die EU-Kommission bis 2020 EU-weit umsetzen will.
Einen flächendeckenden WLAN-Zugang wird man nur erreichen, wenn sich die Nutzer*innen
schnell und unkompliziert einloggen können – das geht nur ohne „WLAN-Perso“. Auch Freifunk-
Vereine könnten zu Zugangskontrollen und Identitätsprüfungen verpflichtet werden. Dies würde
nicht nur der Philosophie von Freifunk, der sich durch einen freien Zugang auszeichnet,
zuwiderlaufen, sondern würde absehbar das Ende zahlreicher Freifunkinitiativen bedeuten.
Derartige Zugangskontrollen führen außerdem zu ausufernden Datensammlungen, die immer auch
eine Gefahr für die informationelle Selbstbestimmung darstellen. Das Gebot der
Datensparsamkeit würde dadurch konterkariert. Durch die Identifikation und Datenspeicherung
wäre auch die Erstellung von Bewegungsprofilen möglich.
Rechtssicherheit schaffen
Die Bundesregierung ist weiterhin dringend aufgefordert, selbst für die dringend benötigte
Rechtssicherheit und eine entsprechende Klarstellung im deutschen Telemediengesetz (TMG) zu
sorgen. Sie muss sicherzustellen, dass Anbieter von (Frei-) Funknetzen nicht für durch
Dritte begangene Rechtsverletzungen haften und auch weiterhin mit Unterlassungsansprüchen
konfrontiert werden. Zudem muss sie vorgeschaltete Zugangskontrollen und Identitätsprüfungen
eine Absage erteilen.
Freifunk weiter fördern
Wir GRÜNE wissen um die Verdienste der Freifunkerinnen und Freifunker: Es ist auch dem
Engagement zahlreichen ehrenamtlichen Unterstützer*innen zu verdanken, dass bis heute
zahlreiche offene Zugänge zum Internet für Geflüchtete in Unterkünften geschaffen werden
konnten. Der freie und kostenlose Zugang zum Internet hat für Geflüchtete und ihre
Integration eine immens wichtige Bedeutung.
Wir wollen die Förderung von Freifunk weiter ausbauen. Wir unterstützen alle Initiativen,
öffentliche Gebäude für die Installation von Freifunk-Knoten zugänglich zu machen. Ebenso
wollen wir Freifunk stärker aus öffentlichen Mitteln unterstützen. Wir setzen uns auf allen
Ebenen für Förderprogramme für den Aufbau von Freifunk-Infrastrukturen ein. Darüber hinaus
wollen wir auch die Förderung von Medien- und Datenschutzkompetenz durch Freifunk-
Initiativen fördern.
Gemeinnützigkeit von Freifunk anerkennen
Viele Freifunk-Aktivist*innen sind in Vereinen organisiert und treiben in diesen
Organisationen den Ausbau freier Netze mit großem Engagement voran. Dabei stoßen sie aber
immer wieder auf Probleme mit den Finanzbehörden. Freifunkinitiativen werden vom
Bundesfinanzministerium immer noch wie kostenminimierende Zusammenschlüsse in den 90ern
betrachtet. Politisch ist für uns jedoch klar: Freifunk-Vereine dienen mit ihrem Engagement
der Allgemeinheit.
Deshalb ist es so wichtig, dass das Bundesfinanzministerium ebenfalls ein klares politisches
und rechtliches Signal setzt und Freifunkvereine als gemeinnützig eingeordnet Dies obwohl
ein Großteil der Freifunkinitiativen keinerlei kommerzielle Interessen verfolgt. Die Nicht-
Anerkennung der Gemeinnützigkeit führt beispielsweise dazu, dass die Vereine auch keine
Spendenquittungen ausstellen können, sodass Spenden an sie nicht steuermindernd geltend
gemacht werden können. Nur in Einzelfällen werden Freifunk-Vereine als gemeinnützig
anerkannt, beispielsweise wenn sie Bildungsarbeit im Bereich der Förderung von
Medienkompetenz und IT-Sicherheit leisten.
Wir GRÜNE setzen uns für eine umfassende Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Freifunk-
Initiativen immer dann ein, wenn diese keine kommerziellen Interessen verfolgen. Hierauf
werden wir auf Bundesebene und in den zuständigen Bund-Länder-Gremien hinwirken.
Weitere Antragsteller*innen
- Konstantin von Notz (KV Herzgt. Lauenburg)
- Eva Mira Bröckelmann (KV Düsseldorf)
- Björn Canders (KV Frankfurt am Main)
- Malte Spitz (KV Unna)
- Verena Osgyan (KV Nürnberg)
- Jörn Pohl (KV Kiel)
- Carsten Werner (KV Bremen-MÖV)
- Wibke Brems (KV Gütersloh)
- Martin-Sebastian Abel (KV Düsseldorf)
- Oliver Keymis (KV Rhein-Kreis Neuss)
- Verena Schäffer (KV Ennepe-Ruhr)
- Stefan Gelbhaar (KV Berlin-Pankow)
- Tobias Schwarz (KV Berlin Kreisfrei)
- Maik Babenhauserheide (KV Herford)
- Till Westermayer (KV Breisgau- Hochschwarzwald)
- Richard Ralfs (KV Rhein-Sieg)
- Thomas Künstler (KV Berlin-Mitte)
- Mathias Schindler (KV Potsdam)
- Dominic Hallau (KV Bielefeld)
Änderungsanträge
- V-57-072 (GRÜNE JUGEND (dort beschlossen am: 21.10.2016), Eingereicht)
Kommentare