Antrag: | Ja zu Europa, Mut zur Veränderung - Europas Zukunft gemeinsam gestalten |
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Antragsteller*in: | Bastian Bergerhoff (KV Frankfurt am Main) |
Status: | Von der Antragskommission geprüft |
Eingereicht: | 20.10.2016, 22:04 |
E-01-022: Ja zu Europa, Mut zur Veränderung - Europas Zukunft gemeinsam gestalten
Antragstext
Von Zeile 21 bis 22 einfügen:
Europa lässt sich als Idee und Wirklichkeit nicht hauptsächlich aus ökonomischen Überlegungen ableiten. Vielmehr gründet die Europäische Union auf einer gemeinsamen Geschichte, auf dem Austausch innerhalb Europas und über seine Grenzen hinaus, auf einem gemeinsamen Verständnis für die errungenen politischen Rechte und Freiheiten sowie einem gemeinsamen humanistischen und emanzipatorischen Wertesystem. Das verbindet Europa auf einzigartige Weise. Diese gemeinsame europäische Identität, die Einheit in Vielfalt, wollen wir bewahren, weiterentwickeln und verteidigen.
Zusammenhalt oder Nationalismus - das ist die Frage, vor der Europa heute steht. Das Brexit-
Votum war ein massiver Rückschritt, ein Etappensieg des Nationalismus über die europäische
Vision. Nicht nur in Großbritannien erleben wir einen Aufstieg rechtspopulistischer
Bewegungen und Parteien, die die europäische Idee komplett infrage stellen oder „Brüssel“
als Sündenbock für nationale Versäumnisse missbrauchen. Zudem lässt mangelnde Solidarität
unter den Mitgliedsstaaten Zweifel wachsen, ob die EU imstande ist, die großen
Herausforderungen unserer Zeit zu meistern.
Für uns ist die Antwort klar: Wir sind und bleiben überzeugte Europäerinnen und Europäer.
Nur gemeinsam und europäisch können wir unsere Lebensgrundlagen schützen, die Globalisierung
gestalten und Frieden sichern. Grüne Kernanliegen, wie den Kampf gegen Klimawandel und
Armut, gegen Fluchtursachen und Terrorismus, den Kampf für Steuergerechtigkeit und
ökologisch-soziales Wirtschaften sowie für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und
Menschenrechte, können wir am besten gemeinsam angehen. Nur so haben wir als Europäer*innen
international eine hörbare Stimme, nur so können wir unserer globalen Verantwortung gerecht
werden.
Europa hat in den vergangenen 70 Jahren Großartiges geleistet: Die EU ist ein Garant für den
Frieden zwischen den europäischen Ländern. Aus einst verfeindeten Staaten wurden Freunde und
Partner. Wir können grenzenlos reisen, ohne den Pass vorzuzeigen oder Geld umzutauschen. Wir
lernen, lieben, studieren und arbeiten in Paris oder London, Warschau oder Madrid. Die
gemeinsamen Regeln im Binnenmarkt schützen uns vielfach vor sozialem und ökologischem
Dumping.
Europa lässt sich als Idee und Wirklichkeit nicht hauptsächlich aus ökonomischen Überlegungen ableiten. Vielmehr gründet die Europäische Union auf einer gemeinsamen Geschichte, auf dem Austausch innerhalb Europas und über seine Grenzen hinaus, auf einem gemeinsamen Verständnis für die errungenen politischen Rechte und Freiheiten sowie einem gemeinsamen humanistischen und emanzipatorischen Wertesystem. Das verbindet Europa auf einzigartige Weise. Diese gemeinsame europäische Identität, die Einheit in Vielfalt, wollen wir bewahren, weiterentwickeln und verteidigen.
Aber wir erkennen auch, dass die Europäische Union an Handlungsfähigkeit hinzugewinnen und
Vertrauen von Bürgerinnen und Bürger zurückgewinnen muss. Europa scheint für viele Menschen
weit weg von ihren täglichen Sorgen. Das Misstrauen ist groß. Auch wenn die europäische
Integration viel zu Wohlstand in Europa beigetragen hat, vertiefen doch mangelnde
Solidarität und falsche Politik in den Mitgliedsstaaten die soziale Spaltung innerhalb der
EU. Europa und die Mitgliedstaaten scheinen nicht in der Lage, die dramatischen
Arbeitslosenzahlen in Ländern wie Spanien, Griechenland oder Italien entgegenzuwirken und
mit den notwendigen Investitionen die Wirtschaft in Schwung zu bringen. Bei großen Aufgaben
wie der Flüchtlings- oder Klimapolitik können sich die Mitgliedsstaaten nur auf kleinste
Schritte einigen. Viele politische Akteure lassen sich von nationalen Egoismen oder
Partikularinteressen leiten, statt an gemeinsamen Lösungen zu arbeiten.
Mit diesem Status-Quo geben wir uns nicht zufrieden. Die EU muss zeigen, dass sie den
politischen Herausforderungen, für die wir sie so dringend brauchen, auch gewachsen ist.
Dafür muss in der Europäischen Union einiges anders laufen: Sie muss demokratischer,
sozialer und ökologischer werden. Rechtspopulisten und Nationalisten wollen das gemeinsame
Haus Europa abreißen. Wir Grüne wollen es verteidigen und besser machen. Wir wollen dieses
einzigartige Miteinander, diese Union stärken und mit Mut zur Veränderung um unsere
europäische Zukunft kämpfen.
Für eine Stärkung der europäischen Demokratie
Wir wollen mehr Demokratie und Mitbestimmung in Europa. Selbstverständlich ist die EU
demokratisch legitimiert. Aber zu oft wird europäische Demokratie einseitig über das Handeln
nationaler Regierungen legitimiert anstatt über das Europäische Parlament und die nationalen
Parlamente. Das wollen wir ändern.
Wir wollen, dass das Europäische Parlament als einzige direkt gewählte EU-Institution der
zentrale Ort aller europäischen Entscheidungen wird. Dazu muss es das Recht erhalten, eigene
Gesetzesvorschläge einzubringen.Im Bereich der Wirtschafts- und Währungsunion sollte das
Europäische Parlament gleichberechtigt zu Rat oder Eurogruppe mitentscheiden. Außerdem
sollte, wie bei einem konstruktiven Misstrauensvotum, eine Mehrheit der Abgeordneten die
Europäische Kommission und ihren bzw. ihre Präsident*in abwählen können. Die nationalen
Parlamente wollen wir durch vertraglich zugesicherte Informationsrechte stärken, damit das
Handeln der eigenen Regierung in Brüssel stärker beeinflusst und kontrolliert werden kann.
Dort, wo nationale Parlamente Kompetenzen abgeben, muss das Europäische Parlament an
Kompetenzen gewinnen.
Wir setzen uns ein für eine europäische Demokratie, in der jeder Europäer und jede
Europäerin Einfluss nehmen, politisch mitwirken und Entscheidungen mitgestalten kann.
Deshalb wollen wir unnötig hohe Hürden bei demokratischen Beteiligungsinstrumenten wie der
Europäischen Bürgerinitiative abbauen. Perspektivisch ist unser Ziel, dass alle
Unionsbürger*innen in den Mitgliedstaaten, in denen sie leben, die vollen bürgerlichen
Rechte genießen.
Ein Schlüssel zur Stärkung der europäischen Demokratie ist mehr Transparenz. Der Rat sollte
grundsätzlich öffentlich tagen und seine vorbereitenden Gremien transparent machen. Außerdem
wollen wir auf allen Ebenen der politischen Entscheidungsfindung verbindliche Lobbyregister,
striktere Karenzzeiten und einen „legislativen Fußabdruck“, durch den die Einflussnahme
Dritter auf EU-Gesetzgebung – sei es gegenüber nationalen oder europäischen Abgeordneten,
Kommissions- oder nationalen Beamten oder Regierungsmitgliedern – überprüfbarer wird. Um die
Handelnden in der EU noch sichtbarer zu machen, sollten die Parteien weiterhin mit
europäischen Spitzenkandidat*innen für das Amt der/des EU-Kommissionspräsident*in zur
Europawahl antreten.
Für eine sozialere und gerechtere EU
Wir sind überzeugt, dass Europa nur zusammenhält, wenn auch die Gesellschaften in Europa
zusammenhalten. Deswegen setzen wir uns auf europäischer Ebene wie in den Mitgliedstaaten
für einen Politikwechsel hin zu einer sozialeren Politik ein. Gegen die tiefe soziale Krise
in Teilen Europas wollen wir angehen mit Maßnahmen für soziale Teilhabe und mehr
Gerechtigkeit in der EU.
Für uns gehört die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ins Zentrum europäischer Politik.
Wir wollen vor allem für die junge Generation eine Perspektive schaffen. Ansonsten verliert
das Versprechen der EU auf Wohlstand und soziale Teilhabe für alle massiv an
Glaubwürdigkeit. Um Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken sind nennenswerte Investitionen
notwendig – und zwar dort, wo die Probleme am größten sind. Wir wollen deshalb massiv in die
soziale und ökologische Modernisierung der europäischen Wirtschaft investieren, mit Hilfe
eines neuen Zukunftsfonds im EU-Haushalt. Durch einen europäischen Steuerpakt finanziert,
soll er europäisch koordinierte und finanzierte Zukunftsinvestitionen möglich machen. Zudem
wollen wir diskutieren, wie im Rahmen des EU-Haushalts eine Fiskalkapazität der Währung und
Wirtschaftsunion ausgestaltet sein könnte, die stärker als bisher gemeinsame Investitionen
voranbringt, auf konjunkturelle Schocks reagiert und strukturelle Reformen fördert. Sie
sollte der Kontrolle des Europäischen Parlaments unterliegen, keinen Mitgliedsstaat
kategorisch ausschließen und an klare politische Zielsetzungen geknüpft sein.
Besonders in strukturschwachen, ländlichen Regionen, in denen sich Menschen zunehmend als
abgehängt von gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklung sehen, muss und kann die
EU positiv erkennbar werden. Gegen das Stadt-Land-Gefälle wollen wir durch besseren Einsatz
der Strukturfonds und der Mittel für ländliche Entwicklung angehen.
Weitere zentrale Schritte für ein sozialeres Europa sind für uns: Solidarisch finanzierte
Transfers in gemeinsame Projekte für den sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen
Zusammenhalt in der EU; weitere, verbindliche Ziele in der Sozialpolitik; und eine stärkere
Koordinierung sowie Mindeststandards im Bereich der sozialen Sicherung und des
Arbeitsmarkts. Die Freizügigkeit von Arbeitnehmer*innen wollen wir besser sozial absichern.
Bislang hat die europäische Ebene im sozialen Bereich allerdings wenig Kompetenz. Bei der
Überwindung sozialer Ungleichheit ist also maßgeblich die nationale Politik gefordert.
Die EU muss auch für mehr Steuergerechtigkeit sorgen, indem sie Steuervermeidung und -
hinterziehung stärker bekämpft. Wir begrüßen die Bestrebungen der EU-Kommission
Steuerschlupflöcher im Falle von Großkonzernen, wie Apple, Google oder Starbucks, zu
schließen. Es ist nicht hinnehmbar, dass diese auf Gewinne nur minimal Steuern zahlen.
Völlig unverständlich ist es, dass die Regierungen von Irland oder Luxemburg sich weigern,
die EU in diesen Bemühungen zu unterstützen, sondern auf ihren unfairen Steuermodellen
bestehen. So wird der Solidargedanke der EU durch nationalstaatliche Egoismen unterminiert.
Die letzten Jahre der tiefen Wirtschafts- und Finanzkrise haben gezeigt, dass die EU noch
nicht ausreichend handlungsfähig und krisenfest ist. Das muss sich ändern. Mit der
Bankenunion, dem Euro-Rettungsschirm und dem EU-Investitionsfonds wurden schon Schritte in
die richtige Richtung unternommen. Aber die EU muss ihre Institutionen, Strukturen und
Instrumente reformieren oder weiterentwickeln.
Um die Folgen der Krise zu bewältigen, braucht es einen vernünftigen Dreiklang aus
Zukunftsinvestitionen, Strukturreformen und Haushaltskonsolidierung.Wir wollen
wirtschaftliche Ungleichgewichte in der EU abbauen und die wirtschaftspolitische Steuerung
stärken. Zum Abbau exzessiver Schulden setzen wir auf verbindliche europäische Regeln und
die Einrichtung eines Altschuldentilgungsfonds mit europäischen Anleihen. Außerdem sollte
der Europäische Stabilitätsmechanismus zu einem Europäischen Währungsfonds ausgebaut werden.
In der Bekämpfung der Finanz- und Wirtschaftskrise wurden viele Fehler gemacht - von
nationalen Regierungen, der Troika und der Euro-Gruppe. Einer dieser Fehler war die
einäugige europäische Austeritätspolitik. Diese Kaputtsparpolitik ist gescheitert. Zu wenig
wurde getan, um neben notwendigen Reformen und Sparmaßnahmen auch positive Wachstumsimpulse
zu setzen. Auch wenn sich die wirtschaftliche Lage in einigen Krisenländern langsam
verbessert haben mag, ist doch unübersehbar, dass davon bei breiten Teilen der Bevölkerung
noch zu wenig angekommen ist.
Unser Green New Deal für Europas Zukunft
Wir Grüne kämpfen für ein besseres Morgen in einer gerechten und lebenswerten Welt – für
alle Menschen, überall. Wir wollen Volkswirtschaften, die jetzt und künftig den Menschen
dienen, Wohlstand und Chancen gerechter verteilen und die ökologischen Grenzen unseres
gemeinsamen Planeten achten. Damit die EU angemessen dazu beiträgt, braucht sie einen Green
New Deal, der ökonomische, ökologische und soziale Probleme gleichermaßen in Angriff nimmt.
Gerade hier schlummern große Chancen für eine nachhaltige und wirtschaftliche Belebung in
Europa, die bislang kaum genutzt werden.
Wir kämpfen für eine europäische Klima- und Energieunion mit ambitionierten Zielen bei
Erneuerbaren Energien, Emissionsminderung und Energieeinsparung sowie für hohe
Umweltstandards als Innovationstreiber. Die EU ist ihrer Verantwortung zur Umsetzung des
Pariser Klimaabkommens bisher nicht gerecht geworden. Da wollen wir Druck machen. Bei
Schieneninfrastruktur, schnellem Internet sowie Bildung und Forschung muss deutlich mehr
investiert werden. Nur auf Basis von Wissenschaft und Forschung wird es gelingen, die
Innovationen zu entwickeln, die Europa für die ökologische Modernisierung und den sozialen
Wandel braucht.
Dafür ist auch eine europäische Industriestrategie notwendig, die auf Ressourcen- und
Energieeffizienz, Digitalisierung, neue Produktionstechnologien und Kreislaufwirtschaft
setzt. Mit einem aktiven „CO2-Divestment“ auch in den öffentlichen Finanzen muss für
Umschichtung gesorgt werden – weg von der Finanzierung der Zerstörung unseres Planeten, hin
zu einer umwelt- und klimafreundlicheren Wirtschaft. Um zu verhindern, dass einige Länder
hier einen notwendigen Fortschritt blockieren, wäre dieser Bereich für eine verstärkte
Zusammenarbeit besonders gut geeignet.
In der Agrar- und Ernährungspolitik verfolgen wir das Ziel einer konsequenten
Neuausrichtung, die den europäischen Zielen in der Klima-, Umwelt-, Verbraucher- und
Entwicklungspolitik entspricht und die Potentiale und Perspektiven ländlicher Räume
nachhaltig gestaltet und fördert.Bereits jetzt machen zahlreiche regional verankerte,
bäuerlich-ökologisch, tier- und umweltfreundlich wirtschaftende Betriebe vor, dass eine
andere Landwirtschaft möglich ist. Doch es mangelt an den notwendigen Investitionen in eine
entsprechende Agrarforschung sowie an den nötigen Weichenstellungen für eine ökologisch-
soziale Agrarwende.
Und wir wollen einen europäischen Digitalpakt, der auf eine soziale und ethisch verträgliche
Automatisierung und Digitalisierung setzt und die Stärken der europäischen IT-Wirtschaft –
etwa bei sicheren, datenschutzfreundlichen und offenen Technikstandards – besonders fördert.
Dazu gehört auch, der Marktmacht der großen Digitalkonzernen wie Facebook, Google und Amazon
faire Wettbewerbsregeln entgegenzusetzen – und die Einhaltung entsprechend sicherzustellen.
Für all diese wichtigen Investitionen wollen wir die EU mit stabilen und ausreichenden
Eigenmitteln ausstatten, die mehr Transparenz und demokratische Kontrolle im EU-Budget
zulassen, aktuelle Rabattregelungen für einzelne Länder ablösen und zugleich ökologische
Lenkungswirkungen zur Erreichung der Klimaziele entfalten. Auch müssen die Mitgliedsländer
dafür sorgen, dass den öffentlichen Haushalten nicht mehr so viele Gelder durch aggressive
Steuervermeidungsstrategien insbesondere von international agierenden Konzernen verloren
gehen. Den Weg der EU-Kommission, hiergegen per Beihilferecht anzukämpfen, ist richtig. Er
zeigt, was die EU zu leisten vermag.
Die EU muss auch zur Gestaltung eines ökologischen, sozialen und gerechten Welthandels
beitragen. Nur fairer ist freier Handel. Doch die bisherige europäische Handelspolitik geht
in eine andere Richtung. Mit TTIP, TISA und Co. drohen ökologische, soziale und
demokratische Standards unter die Räder zu kommen, während Privilegien für einige
Großkonzerne gestärkt werden. Das gilt auch für den vorliegenden CETA-Vertrag. Daran ändern
auch nachträgliche Protokollerklärungen nichts. Deshalb lehnen wir CETA ab und setzen
unseren Kampf gegen TTIP und TISA auf Basis der beschlossenen Verhandlungsmandate fort.
Für eine solidarische und humane EU-Asylpolitik
Europa muss neue und bessere Wege finden, gemeinsame Herausforderungen auch gemeinsam zu
lösen. Das zeigt sich derzeit besonders bei der Frage, wie wir mit den Menschen umgehen, die
vor Terror und Krieg fliehen. Für uns Grüne ist der Bau neuer Grenzzäune alles andere als
eine Lösung –mit Blick auf die geflüchteten Menschen wie mit Blick auf die offenen Grenzen
innerhalb des Schengenraums, von denen wir alle profitieren. Stattdessen fordern wir endlich
eine gemeinsame solidarische und humane EU-Asylpolitik, die die Rechte der Schutzsuchenden
in den Mittelpunkt stellt. Damit es in diese Richtung wieder positive Bewegung gibt, wird
eine Gruppe von Mitgliedsstaaten vorangehen müssen.
Wir wollen nicht, dass Flüchtlinge ihr Leben riskieren müssen, um bei uns Schutz zu finden.
Deshalb möchten wir legale und sichere Zugangswege für Flüchtlinge nach Europa schaffen.
Statt auf die Illusion einer Abschottung der EU zu setzen, treten wir ein für ein
Grenzregime, das den gemeinsamen Schutz der Menschrechte zur Grundlage hat, Rechtssicherheit
garantiert sowie das Vertrauen in das Schengensystem stärkt. Die Praxis, die Verantwortung
für die gemeinsamen Außengrenzen der EU auf die Länder am Rand der EU abzuschieben, lehnen
wir ab. Wir haben eine gemeinsame Verantwortung – für Freiheit und Sicherheit in der EU
ebenso wie für den Schutz der Flüchtlinge, die über das Mittelmeer zu uns kommen. Wir wollen
gezielte Familienzusammenführungen erleichtern, das Resettlement stärken und mehr
Kapazitäten für eine gemeinsame Seenotrettung einsetzen. Europa muss dem tausendfachen
Sterben von Flüchtlingen im Mittelmeer ein Ende setzen.
Im Fokus muss eine gerechte und dauerhafte Verteilung der geflüchteten Menschen stehen, an
der sich nach und nach alle Mitgliedstaaten solidarisch beteiligen.Bei der Verteilung
geflüchteter Menschen sollten die Anknüpfungspunkte von Asylsuchenden, wie zum Beispiel
Sprachkenntnisse oder familiäre Bindungen, berücksichtigt werden. Dies wirkt sich positiv
auf deren Integrationschancen aus, die wir durch den Aufbau einer Integrationsstruktur in
den EU-Mitgliedstaaten unterstützen wollen. Anerkannte Flüchtlinge sollten nach einer
Übergangszeit innerhalb der Union freizügigkeitsberechtigt nach denselben Regelungen wie
Unionsbürger*innen werden. Perspektivisch brauchen wir ein einheitliches Asylverfahren nach
gemeinsamen Regelungen, die die flüchtlingsrechtlichen Vorgaben des Völkerrechts umfassend
verwirklichen und die Menschenrechte der Schutzsuchenden zu größtmöglicher Entfaltung
bringen.
Als größtes Aufnahme- und Transitland aus dem syrischen Kriegsgebiet ist die Türkei für
Europa wichtiger Ansprechpartner in der Flüchtlingspolitik. Deshalb steht die EU in der
Pflicht, mit der Türkei und anderen Ländern in der Region zusammenzuarbeiten, um die Lage
von Millionen Flüchtlingen zu verbessern. Das Abkommen mit der Türkei lehnen wir in seiner
heutigen Form allerdings ab. Es verschiebt die humanitäre Verantwortung der EU-
Mitgliedstaaten nach Griechenland und in eine immer autokratischer regierte Türkei und führt
zu unmenschlichen Zuständen für die Geflüchteten. Weitere Abkommen, wie sie derzeit mit
Ägypten und gegebenenfalls anderen Staaten im Gespräch sind, in denen Menschen- und
Flüchtlingsrechte nicht gewahrt werden, sind mit einer humanitären und modernen Flüchtlings-
und Asylpolitik nicht vereinbar.
Angesichts der globalen Flüchtlingsherausforderungen muss der Schutz von Menschen, die in
Ländern außerhalb der EU Zuflucht finden, stärker in den Fokus einer gemeinsamen
europäischen Antwort rücken. Die EU darf sich der Verantwortung nicht entziehen, den
Flüchtlingen vor Ort zu helfen und rasch Perspektiven zu schaffen. Für die Bekämpfung der
Fluchtursachen muss die EU auch durch gute Entwicklungszusammenarbeit sowie sensible und
kohärente Politik ihren Beitrag zu einer gerechteren und nachhaltigen Welt leisten. Dabei
sollten alle EU-Mitgliedsländer ihre Strategien untereinander harmonisieren und das Ziel,
0,7% des Haushaltes für Entwicklung zu investieren, erfüllen und vor allem die EU-
Außenwirtschaftspolitik entsprechend zu reformieren.
Sicherheit und Freiheit grenzüberschreitend stärken
Um die Sicherheit der Bürger*innen in der EU zu erhöhen, braucht es eine stärkere
Europäisierung in diesem Bereich. Die EU-Mitgliedstaaten sind gefordert, besser zu
kooperieren sowie mehr Geld und mehr Personal für sinnvolle Ermittlungsarbeit
bereitzustellen. Dafür sollten vorhandene Strukturen genutzt und wichtige Informationen über
Verdächtige zwischen den Behörden rechtzeitig und vollständig weitergeben werden. Polizei,
Sicherheitsbehörden und Geheimdienste müssen grenzüberschreitend enger zusammenarbeiten.
Dafür brauchen sie klare rechtstaatliche EU-Rahmenbedingungen, gemeinsame Standards für
Grundrechte und parlamentarische Kontrolle, und in konkreten Fällen auch zusätzliche Mittel
sowie eine bessere Ausstattung. So sollten zum Beispiel gemeinsame Ermittlungsteams bei
Europol und Eurojust, insbesondere auch im Bereich der Terrorismusbekämpfung, gestärkt
werden. Maßnahmen, die jedoch die Freiheit der Bürger*innen einschränken, indem ein
anlasslos agierender Überwachungsapparat ausgebaut wird oder die gefährliche
Pauschalverknüpfung sämtlicher Datensammlungen vorangetrieben wird, lehnen wir ab.
Die EU basiert auf Werten, die universell sind: Achtung der Menschenwürde, Demokratie,
individuelle Freiheit, Menschenrechte, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit. Sie muss sich an
ihren eigenen Anspruch, ihren Zielen und Werten messen lassen. Wenn um den Zusammenhalt der
Union willen über die Aushöhlung des Rechtsstaats in Polen oder die staatlich organisierte
Diskriminierung von Flüchtlingen in Ungarn hinweg gesehen wird, dann gefährdet dies das
Fundament der Europäischen Union. Daher ist es auch so wichtig, gegenüber Regierungen der
Mitgliedstaaten, die die Freiheit ihrer Bürger*innen beschränken, klare Kritik zu üben, ohne
dabei die Verbundenheit mit ihren Bürger*innen infrage zu stellen. Die EU darf nicht
wegsehen, wenn einzelne Regierungen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in ihrem Land
schwächen wollen. Mitgliedsstaaten, die das europäische Wertegerüst bewusst torpedieren,
dürfen damit nicht durchkommen. Deshalb ist der vorhandene Rechtstaatsmechanismus ein erster
Schritt, um über Missstände in einen Dialog mit Regierungen zu treten. Er muss aber dringend
zu einem wirksamen europäischen Instrument ausgebaut werden, durch das auch die
Rechtsstaatlichkeit aller Mitgliedsländer regelmäßig überprüft wird.
Die europäischen Werte nehmen Schaden in einer Debatte, in der nationale Egoismen schwerer
wiegen als das gemeinsame europäische Interesse. Zudem haben die Krisen auch bestehende
Ressentiments angeheizt. Wir sehen, wie nationalistische Populisten die aktuellen Krisen
nutzen, um mit scheinbar einfachen nationalen Lösungen zu punkten. Dabei nehmen sie sehenden
Auges in Kauf, die wirtschaftlichen Vorteile und sozialen Chancen Europas zu zerstören.
National wie europäisch treten wir daher den Anti-Europäern und Rechtspopulisten entschieden
entgegen. Denn für uns ist Fakt: Europa ist kein Kampf von Nationen. Es geht um mehr als
wirtschaftliche Vorteile, die Verteilung von Geld und das Aushandeln nationaler Rabatte.
Europa bedeutet heute mehr denn je für 500 Millionen Menschen Freiheit und Hoffnung auf ein
besseres Leben.
Eine gemeinsame Außenpolitik
Wenn die EU mit einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik mehr Verantwortung
übernimmt, können wir die Welt gerechter gestalten und friedlicher machen. Deshalb braucht
die EU eine langfristige außenpolitische Strategie. Wir betonen Menschenrechtsschutz,
Schutzverantwortung, zivile Krisenprävention, Bekämpfung von Fluchtursachen, Stärkung des
Internationalen Strafgerichtshofs sowie multilaterale Kooperation insbesondere auch im
Rahmen der Vereinten Nationen. Dazu gehört auch eine verantwortungsvolle Reaktion auf
humanitäre Krisen und Gewaltkonflikte. Das kann jedoch nur funktionieren, wenn die EU mehr
und mehr mit einer Stimme in der Außen- und Sicherheitspolitik spricht. Wir begrüßen daher,
dass die EU an gemeinsamen außenpolitischen Strategien arbeitet. Auch hier schaden nationale
Egoismen und verspielen das Kapital, dass sich aus der Zusammenarbeit ergibt.
Europa kann nicht darauf verzichten, bei der äußeren Sicherheit besser zusammenzuarbeiten,
um vor allem in unserer südlichen und östlichen Nachbarschaft unserer Verantwortung gerecht
zu werden. Dabei geht es um die besser koordinierte Nutzung bestehender Fähigkeiten, ohne
dabei die Rechte und die Kontrolle durch das Parlament zu beschneiden oder auszuhöhlen. Eine
Verpflichtung der EU-Staaten auf die zwar gebetsmühlenartig wiederholte, aber trotzdem
unrealistische Forderung nach einer Erhöhung der Militärbudgets auf 2% des BIP lehnen wir
ab. Wir wollen Fähigkeiten bündeln statt die Verschwendung öffentlicher Gelder bei der
Rüstung fortzusetzen. Kapazitäten und Fähigkeiten zur Förderung von Frieden, Menschenrechten
und Rechtsstaatlichkeit wollen wir ausbauen.
Wir Grüne wollen Europa zusammenhalten
Wir Grüne wollten, dass Großbritannien Mitglied in der EU bleibt. Wir bedauern zutiefst,
dass sich die Mehrheit für einen EU-Austritt entschieden hat, aber wir akzeptieren diese
Entscheidung. Ein für alle Seiten fairer Austrittsprozess muss nun zügig folgen, denn
weitere Unsicherheit beschädigt das Vertrauen in Europa. Für überzeugte Europäer*innen wird
es nun vornehmlich darum gehen, den Zusammenhalt der EU zu bewahren und zu stärken.
Die drängendsten Fragen über die Verfasstheit der EU müssen zeitnah gelöst werden. Deshalb
müssen wir uns grundsätzlich der Frage stellen, wieviel unterschiedliche Formen und
Geschwindigkeiten der Zusammenarbeit innerhalb der EU möglich ist, ohne dass diese zerfällt.
Unser Ziel bleibt ein Europa, in dem alle zusammenhalten, aber es muss auch die Möglichkeit
geben, dass eine Gruppe von Mitgliedstaaten vorangeht, um Blockaden einzelner Bremser zu
umgehen. Auch wollen wir keine EU, die in jedem Bereich bis ins Kleinste vorschreibt, was zu
tun oder zu lassen ist. Öffentliche Daseinsvorsorge und kommunale Selbstverwaltung müssen
weiterhin vor Ort gestaltet werden. Deshalb vertreten wir das Prinzip der Subsidiarität. Da
jedoch nahezu alle Lebensbereiche von gemeinsamen europäischen oder internationalen
Vereinbarungen geprägt sind, darf Subsidiarität nicht zum Deckmantel des Unwillens werden,
mit anderen Ländern in Europa oder der Welt Kompromisse einzugehen.
Es ist für uns selbstverständlich, dass wir weiter an unserem gemeinsamen Haus Europa bauen,
Schwächen in der Struktur und in der Umsetzung seiner Werte benennen und angehen. Trotz all
der enormen Herausforderungen unserer Zeit werden wir nicht vergessen: Europa hat uns die
Freiheit geschenkt, gemeinsam und friedlich in unserer Vielfalt zu leben. Das ist für uns
Grüne eine historische Errungenschaft und wir wollen, dass das so bleibt.
Weitere Antragsteller*innen
- Mirjam Schmidt (KV Frankfurt am Main)
- Ursula auf der Heide (KV Frankfurt am Main)
- Jennifer Bartelt (KV Frankfurt am Main)
- Marcus Bocklet (KV Frankfurt am Main)
- Wendel Burkhardt (KV Frankfurt am Main)
- Daniela Cappelluti (KV Frankfurt am Main)
- Nina Eisenhardt (KV Frankfurt am Main)
- Ulrike Gieseking (KV Frankfurt am Main)
- Gabriele Gressert (KV Frankfurt am Main)
- Karola Küll (KV Frankfurt am Main)
- Rainer Linnemann (KV Frankfurt am Main)
- Ralf Napierski (KV Frankfurt am Main)
- Sandra Neubauer (KV Frankfurt am Main)
- Marlene Riedel (KV Frankfurt am Main)
- Beate Schmidt-Dickopf (KV Frankfurt am Main)
- Gabi Schulte-Lünzum (KV Frankfurt am Main)
- Wolfgang Siefert (KV Frankfurt am Main)
- Manuel Stock (KV Frankfurt am Main)
- Rupert von Plottnitz (KV Frankfurt am Main)
Von Zeile 21 bis 22 einfügen:
Europa lässt sich als Idee und Wirklichkeit nicht hauptsächlich aus ökonomischen Überlegungen ableiten. Vielmehr gründet die Europäische Union auf einer gemeinsamen Geschichte, auf dem Austausch innerhalb Europas und über seine Grenzen hinaus, auf einem gemeinsamen Verständnis für die errungenen politischen Rechte und Freiheiten sowie einem gemeinsamen humanistischen und emanzipatorischen Wertesystem. Das verbindet Europa auf einzigartige Weise. Diese gemeinsame europäische Identität, die Einheit in Vielfalt, wollen wir bewahren, weiterentwickeln und verteidigen.
Zusammenhalt oder Nationalismus - das ist die Frage, vor der Europa heute steht. Das Brexit-
Votum war ein massiver Rückschritt, ein Etappensieg des Nationalismus über die europäische
Vision. Nicht nur in Großbritannien erleben wir einen Aufstieg rechtspopulistischer
Bewegungen und Parteien, die die europäische Idee komplett infrage stellen oder „Brüssel“
als Sündenbock für nationale Versäumnisse missbrauchen. Zudem lässt mangelnde Solidarität
unter den Mitgliedsstaaten Zweifel wachsen, ob die EU imstande ist, die großen
Herausforderungen unserer Zeit zu meistern.
Für uns ist die Antwort klar: Wir sind und bleiben überzeugte Europäerinnen und Europäer.
Nur gemeinsam und europäisch können wir unsere Lebensgrundlagen schützen, die Globalisierung
gestalten und Frieden sichern. Grüne Kernanliegen, wie den Kampf gegen Klimawandel und
Armut, gegen Fluchtursachen und Terrorismus, den Kampf für Steuergerechtigkeit und
ökologisch-soziales Wirtschaften sowie für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und
Menschenrechte, können wir am besten gemeinsam angehen. Nur so haben wir als Europäer*innen
international eine hörbare Stimme, nur so können wir unserer globalen Verantwortung gerecht
werden.
Europa hat in den vergangenen 70 Jahren Großartiges geleistet: Die EU ist ein Garant für den
Frieden zwischen den europäischen Ländern. Aus einst verfeindeten Staaten wurden Freunde und
Partner. Wir können grenzenlos reisen, ohne den Pass vorzuzeigen oder Geld umzutauschen. Wir
lernen, lieben, studieren und arbeiten in Paris oder London, Warschau oder Madrid. Die
gemeinsamen Regeln im Binnenmarkt schützen uns vielfach vor sozialem und ökologischem
Dumping.
Europa lässt sich als Idee und Wirklichkeit nicht hauptsächlich aus ökonomischen Überlegungen ableiten. Vielmehr gründet die Europäische Union auf einer gemeinsamen Geschichte, auf dem Austausch innerhalb Europas und über seine Grenzen hinaus, auf einem gemeinsamen Verständnis für die errungenen politischen Rechte und Freiheiten sowie einem gemeinsamen humanistischen und emanzipatorischen Wertesystem. Das verbindet Europa auf einzigartige Weise. Diese gemeinsame europäische Identität, die Einheit in Vielfalt, wollen wir bewahren, weiterentwickeln und verteidigen.
Aber wir erkennen auch, dass die Europäische Union an Handlungsfähigkeit hinzugewinnen und
Vertrauen von Bürgerinnen und Bürger zurückgewinnen muss. Europa scheint für viele Menschen
weit weg von ihren täglichen Sorgen. Das Misstrauen ist groß. Auch wenn die europäische
Integration viel zu Wohlstand in Europa beigetragen hat, vertiefen doch mangelnde
Solidarität und falsche Politik in den Mitgliedsstaaten die soziale Spaltung innerhalb der
EU. Europa und die Mitgliedstaaten scheinen nicht in der Lage, die dramatischen
Arbeitslosenzahlen in Ländern wie Spanien, Griechenland oder Italien entgegenzuwirken und
mit den notwendigen Investitionen die Wirtschaft in Schwung zu bringen. Bei großen Aufgaben
wie der Flüchtlings- oder Klimapolitik können sich die Mitgliedsstaaten nur auf kleinste
Schritte einigen. Viele politische Akteure lassen sich von nationalen Egoismen oder
Partikularinteressen leiten, statt an gemeinsamen Lösungen zu arbeiten.
Mit diesem Status-Quo geben wir uns nicht zufrieden. Die EU muss zeigen, dass sie den
politischen Herausforderungen, für die wir sie so dringend brauchen, auch gewachsen ist.
Dafür muss in der Europäischen Union einiges anders laufen: Sie muss demokratischer,
sozialer und ökologischer werden. Rechtspopulisten und Nationalisten wollen das gemeinsame
Haus Europa abreißen. Wir Grüne wollen es verteidigen und besser machen. Wir wollen dieses
einzigartige Miteinander, diese Union stärken und mit Mut zur Veränderung um unsere
europäische Zukunft kämpfen.
Für eine Stärkung der europäischen Demokratie
Wir wollen mehr Demokratie und Mitbestimmung in Europa. Selbstverständlich ist die EU
demokratisch legitimiert. Aber zu oft wird europäische Demokratie einseitig über das Handeln
nationaler Regierungen legitimiert anstatt über das Europäische Parlament und die nationalen
Parlamente. Das wollen wir ändern.
Wir wollen, dass das Europäische Parlament als einzige direkt gewählte EU-Institution der
zentrale Ort aller europäischen Entscheidungen wird. Dazu muss es das Recht erhalten, eigene
Gesetzesvorschläge einzubringen.Im Bereich der Wirtschafts- und Währungsunion sollte das
Europäische Parlament gleichberechtigt zu Rat oder Eurogruppe mitentscheiden. Außerdem
sollte, wie bei einem konstruktiven Misstrauensvotum, eine Mehrheit der Abgeordneten die
Europäische Kommission und ihren bzw. ihre Präsident*in abwählen können. Die nationalen
Parlamente wollen wir durch vertraglich zugesicherte Informationsrechte stärken, damit das
Handeln der eigenen Regierung in Brüssel stärker beeinflusst und kontrolliert werden kann.
Dort, wo nationale Parlamente Kompetenzen abgeben, muss das Europäische Parlament an
Kompetenzen gewinnen.
Wir setzen uns ein für eine europäische Demokratie, in der jeder Europäer und jede
Europäerin Einfluss nehmen, politisch mitwirken und Entscheidungen mitgestalten kann.
Deshalb wollen wir unnötig hohe Hürden bei demokratischen Beteiligungsinstrumenten wie der
Europäischen Bürgerinitiative abbauen. Perspektivisch ist unser Ziel, dass alle
Unionsbürger*innen in den Mitgliedstaaten, in denen sie leben, die vollen bürgerlichen
Rechte genießen.
Ein Schlüssel zur Stärkung der europäischen Demokratie ist mehr Transparenz. Der Rat sollte
grundsätzlich öffentlich tagen und seine vorbereitenden Gremien transparent machen. Außerdem
wollen wir auf allen Ebenen der politischen Entscheidungsfindung verbindliche Lobbyregister,
striktere Karenzzeiten und einen „legislativen Fußabdruck“, durch den die Einflussnahme
Dritter auf EU-Gesetzgebung – sei es gegenüber nationalen oder europäischen Abgeordneten,
Kommissions- oder nationalen Beamten oder Regierungsmitgliedern – überprüfbarer wird. Um die
Handelnden in der EU noch sichtbarer zu machen, sollten die Parteien weiterhin mit
europäischen Spitzenkandidat*innen für das Amt der/des EU-Kommissionspräsident*in zur
Europawahl antreten.
Für eine sozialere und gerechtere EU
Wir sind überzeugt, dass Europa nur zusammenhält, wenn auch die Gesellschaften in Europa
zusammenhalten. Deswegen setzen wir uns auf europäischer Ebene wie in den Mitgliedstaaten
für einen Politikwechsel hin zu einer sozialeren Politik ein. Gegen die tiefe soziale Krise
in Teilen Europas wollen wir angehen mit Maßnahmen für soziale Teilhabe und mehr
Gerechtigkeit in der EU.
Für uns gehört die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ins Zentrum europäischer Politik.
Wir wollen vor allem für die junge Generation eine Perspektive schaffen. Ansonsten verliert
das Versprechen der EU auf Wohlstand und soziale Teilhabe für alle massiv an
Glaubwürdigkeit. Um Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken sind nennenswerte Investitionen
notwendig – und zwar dort, wo die Probleme am größten sind. Wir wollen deshalb massiv in die
soziale und ökologische Modernisierung der europäischen Wirtschaft investieren, mit Hilfe
eines neuen Zukunftsfonds im EU-Haushalt. Durch einen europäischen Steuerpakt finanziert,
soll er europäisch koordinierte und finanzierte Zukunftsinvestitionen möglich machen. Zudem
wollen wir diskutieren, wie im Rahmen des EU-Haushalts eine Fiskalkapazität der Währung und
Wirtschaftsunion ausgestaltet sein könnte, die stärker als bisher gemeinsame Investitionen
voranbringt, auf konjunkturelle Schocks reagiert und strukturelle Reformen fördert. Sie
sollte der Kontrolle des Europäischen Parlaments unterliegen, keinen Mitgliedsstaat
kategorisch ausschließen und an klare politische Zielsetzungen geknüpft sein.
Besonders in strukturschwachen, ländlichen Regionen, in denen sich Menschen zunehmend als
abgehängt von gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklung sehen, muss und kann die
EU positiv erkennbar werden. Gegen das Stadt-Land-Gefälle wollen wir durch besseren Einsatz
der Strukturfonds und der Mittel für ländliche Entwicklung angehen.
Weitere zentrale Schritte für ein sozialeres Europa sind für uns: Solidarisch finanzierte
Transfers in gemeinsame Projekte für den sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen
Zusammenhalt in der EU; weitere, verbindliche Ziele in der Sozialpolitik; und eine stärkere
Koordinierung sowie Mindeststandards im Bereich der sozialen Sicherung und des
Arbeitsmarkts. Die Freizügigkeit von Arbeitnehmer*innen wollen wir besser sozial absichern.
Bislang hat die europäische Ebene im sozialen Bereich allerdings wenig Kompetenz. Bei der
Überwindung sozialer Ungleichheit ist also maßgeblich die nationale Politik gefordert.
Die EU muss auch für mehr Steuergerechtigkeit sorgen, indem sie Steuervermeidung und -
hinterziehung stärker bekämpft. Wir begrüßen die Bestrebungen der EU-Kommission
Steuerschlupflöcher im Falle von Großkonzernen, wie Apple, Google oder Starbucks, zu
schließen. Es ist nicht hinnehmbar, dass diese auf Gewinne nur minimal Steuern zahlen.
Völlig unverständlich ist es, dass die Regierungen von Irland oder Luxemburg sich weigern,
die EU in diesen Bemühungen zu unterstützen, sondern auf ihren unfairen Steuermodellen
bestehen. So wird der Solidargedanke der EU durch nationalstaatliche Egoismen unterminiert.
Die letzten Jahre der tiefen Wirtschafts- und Finanzkrise haben gezeigt, dass die EU noch
nicht ausreichend handlungsfähig und krisenfest ist. Das muss sich ändern. Mit der
Bankenunion, dem Euro-Rettungsschirm und dem EU-Investitionsfonds wurden schon Schritte in
die richtige Richtung unternommen. Aber die EU muss ihre Institutionen, Strukturen und
Instrumente reformieren oder weiterentwickeln.
Um die Folgen der Krise zu bewältigen, braucht es einen vernünftigen Dreiklang aus
Zukunftsinvestitionen, Strukturreformen und Haushaltskonsolidierung.Wir wollen
wirtschaftliche Ungleichgewichte in der EU abbauen und die wirtschaftspolitische Steuerung
stärken. Zum Abbau exzessiver Schulden setzen wir auf verbindliche europäische Regeln und
die Einrichtung eines Altschuldentilgungsfonds mit europäischen Anleihen. Außerdem sollte
der Europäische Stabilitätsmechanismus zu einem Europäischen Währungsfonds ausgebaut werden.
In der Bekämpfung der Finanz- und Wirtschaftskrise wurden viele Fehler gemacht - von
nationalen Regierungen, der Troika und der Euro-Gruppe. Einer dieser Fehler war die
einäugige europäische Austeritätspolitik. Diese Kaputtsparpolitik ist gescheitert. Zu wenig
wurde getan, um neben notwendigen Reformen und Sparmaßnahmen auch positive Wachstumsimpulse
zu setzen. Auch wenn sich die wirtschaftliche Lage in einigen Krisenländern langsam
verbessert haben mag, ist doch unübersehbar, dass davon bei breiten Teilen der Bevölkerung
noch zu wenig angekommen ist.
Unser Green New Deal für Europas Zukunft
Wir Grüne kämpfen für ein besseres Morgen in einer gerechten und lebenswerten Welt – für
alle Menschen, überall. Wir wollen Volkswirtschaften, die jetzt und künftig den Menschen
dienen, Wohlstand und Chancen gerechter verteilen und die ökologischen Grenzen unseres
gemeinsamen Planeten achten. Damit die EU angemessen dazu beiträgt, braucht sie einen Green
New Deal, der ökonomische, ökologische und soziale Probleme gleichermaßen in Angriff nimmt.
Gerade hier schlummern große Chancen für eine nachhaltige und wirtschaftliche Belebung in
Europa, die bislang kaum genutzt werden.
Wir kämpfen für eine europäische Klima- und Energieunion mit ambitionierten Zielen bei
Erneuerbaren Energien, Emissionsminderung und Energieeinsparung sowie für hohe
Umweltstandards als Innovationstreiber. Die EU ist ihrer Verantwortung zur Umsetzung des
Pariser Klimaabkommens bisher nicht gerecht geworden. Da wollen wir Druck machen. Bei
Schieneninfrastruktur, schnellem Internet sowie Bildung und Forschung muss deutlich mehr
investiert werden. Nur auf Basis von Wissenschaft und Forschung wird es gelingen, die
Innovationen zu entwickeln, die Europa für die ökologische Modernisierung und den sozialen
Wandel braucht.
Dafür ist auch eine europäische Industriestrategie notwendig, die auf Ressourcen- und
Energieeffizienz, Digitalisierung, neue Produktionstechnologien und Kreislaufwirtschaft
setzt. Mit einem aktiven „CO2-Divestment“ auch in den öffentlichen Finanzen muss für
Umschichtung gesorgt werden – weg von der Finanzierung der Zerstörung unseres Planeten, hin
zu einer umwelt- und klimafreundlicheren Wirtschaft. Um zu verhindern, dass einige Länder
hier einen notwendigen Fortschritt blockieren, wäre dieser Bereich für eine verstärkte
Zusammenarbeit besonders gut geeignet.
In der Agrar- und Ernährungspolitik verfolgen wir das Ziel einer konsequenten
Neuausrichtung, die den europäischen Zielen in der Klima-, Umwelt-, Verbraucher- und
Entwicklungspolitik entspricht und die Potentiale und Perspektiven ländlicher Räume
nachhaltig gestaltet und fördert.Bereits jetzt machen zahlreiche regional verankerte,
bäuerlich-ökologisch, tier- und umweltfreundlich wirtschaftende Betriebe vor, dass eine
andere Landwirtschaft möglich ist. Doch es mangelt an den notwendigen Investitionen in eine
entsprechende Agrarforschung sowie an den nötigen Weichenstellungen für eine ökologisch-
soziale Agrarwende.
Und wir wollen einen europäischen Digitalpakt, der auf eine soziale und ethisch verträgliche
Automatisierung und Digitalisierung setzt und die Stärken der europäischen IT-Wirtschaft –
etwa bei sicheren, datenschutzfreundlichen und offenen Technikstandards – besonders fördert.
Dazu gehört auch, der Marktmacht der großen Digitalkonzernen wie Facebook, Google und Amazon
faire Wettbewerbsregeln entgegenzusetzen – und die Einhaltung entsprechend sicherzustellen.
Für all diese wichtigen Investitionen wollen wir die EU mit stabilen und ausreichenden
Eigenmitteln ausstatten, die mehr Transparenz und demokratische Kontrolle im EU-Budget
zulassen, aktuelle Rabattregelungen für einzelne Länder ablösen und zugleich ökologische
Lenkungswirkungen zur Erreichung der Klimaziele entfalten. Auch müssen die Mitgliedsländer
dafür sorgen, dass den öffentlichen Haushalten nicht mehr so viele Gelder durch aggressive
Steuervermeidungsstrategien insbesondere von international agierenden Konzernen verloren
gehen. Den Weg der EU-Kommission, hiergegen per Beihilferecht anzukämpfen, ist richtig. Er
zeigt, was die EU zu leisten vermag.
Die EU muss auch zur Gestaltung eines ökologischen, sozialen und gerechten Welthandels
beitragen. Nur fairer ist freier Handel. Doch die bisherige europäische Handelspolitik geht
in eine andere Richtung. Mit TTIP, TISA und Co. drohen ökologische, soziale und
demokratische Standards unter die Räder zu kommen, während Privilegien für einige
Großkonzerne gestärkt werden. Das gilt auch für den vorliegenden CETA-Vertrag. Daran ändern
auch nachträgliche Protokollerklärungen nichts. Deshalb lehnen wir CETA ab und setzen
unseren Kampf gegen TTIP und TISA auf Basis der beschlossenen Verhandlungsmandate fort.
Für eine solidarische und humane EU-Asylpolitik
Europa muss neue und bessere Wege finden, gemeinsame Herausforderungen auch gemeinsam zu
lösen. Das zeigt sich derzeit besonders bei der Frage, wie wir mit den Menschen umgehen, die
vor Terror und Krieg fliehen. Für uns Grüne ist der Bau neuer Grenzzäune alles andere als
eine Lösung –mit Blick auf die geflüchteten Menschen wie mit Blick auf die offenen Grenzen
innerhalb des Schengenraums, von denen wir alle profitieren. Stattdessen fordern wir endlich
eine gemeinsame solidarische und humane EU-Asylpolitik, die die Rechte der Schutzsuchenden
in den Mittelpunkt stellt. Damit es in diese Richtung wieder positive Bewegung gibt, wird
eine Gruppe von Mitgliedsstaaten vorangehen müssen.
Wir wollen nicht, dass Flüchtlinge ihr Leben riskieren müssen, um bei uns Schutz zu finden.
Deshalb möchten wir legale und sichere Zugangswege für Flüchtlinge nach Europa schaffen.
Statt auf die Illusion einer Abschottung der EU zu setzen, treten wir ein für ein
Grenzregime, das den gemeinsamen Schutz der Menschrechte zur Grundlage hat, Rechtssicherheit
garantiert sowie das Vertrauen in das Schengensystem stärkt. Die Praxis, die Verantwortung
für die gemeinsamen Außengrenzen der EU auf die Länder am Rand der EU abzuschieben, lehnen
wir ab. Wir haben eine gemeinsame Verantwortung – für Freiheit und Sicherheit in der EU
ebenso wie für den Schutz der Flüchtlinge, die über das Mittelmeer zu uns kommen. Wir wollen
gezielte Familienzusammenführungen erleichtern, das Resettlement stärken und mehr
Kapazitäten für eine gemeinsame Seenotrettung einsetzen. Europa muss dem tausendfachen
Sterben von Flüchtlingen im Mittelmeer ein Ende setzen.
Im Fokus muss eine gerechte und dauerhafte Verteilung der geflüchteten Menschen stehen, an
der sich nach und nach alle Mitgliedstaaten solidarisch beteiligen.Bei der Verteilung
geflüchteter Menschen sollten die Anknüpfungspunkte von Asylsuchenden, wie zum Beispiel
Sprachkenntnisse oder familiäre Bindungen, berücksichtigt werden. Dies wirkt sich positiv
auf deren Integrationschancen aus, die wir durch den Aufbau einer Integrationsstruktur in
den EU-Mitgliedstaaten unterstützen wollen. Anerkannte Flüchtlinge sollten nach einer
Übergangszeit innerhalb der Union freizügigkeitsberechtigt nach denselben Regelungen wie
Unionsbürger*innen werden. Perspektivisch brauchen wir ein einheitliches Asylverfahren nach
gemeinsamen Regelungen, die die flüchtlingsrechtlichen Vorgaben des Völkerrechts umfassend
verwirklichen und die Menschenrechte der Schutzsuchenden zu größtmöglicher Entfaltung
bringen.
Als größtes Aufnahme- und Transitland aus dem syrischen Kriegsgebiet ist die Türkei für
Europa wichtiger Ansprechpartner in der Flüchtlingspolitik. Deshalb steht die EU in der
Pflicht, mit der Türkei und anderen Ländern in der Region zusammenzuarbeiten, um die Lage
von Millionen Flüchtlingen zu verbessern. Das Abkommen mit der Türkei lehnen wir in seiner
heutigen Form allerdings ab. Es verschiebt die humanitäre Verantwortung der EU-
Mitgliedstaaten nach Griechenland und in eine immer autokratischer regierte Türkei und führt
zu unmenschlichen Zuständen für die Geflüchteten. Weitere Abkommen, wie sie derzeit mit
Ägypten und gegebenenfalls anderen Staaten im Gespräch sind, in denen Menschen- und
Flüchtlingsrechte nicht gewahrt werden, sind mit einer humanitären und modernen Flüchtlings-
und Asylpolitik nicht vereinbar.
Angesichts der globalen Flüchtlingsherausforderungen muss der Schutz von Menschen, die in
Ländern außerhalb der EU Zuflucht finden, stärker in den Fokus einer gemeinsamen
europäischen Antwort rücken. Die EU darf sich der Verantwortung nicht entziehen, den
Flüchtlingen vor Ort zu helfen und rasch Perspektiven zu schaffen. Für die Bekämpfung der
Fluchtursachen muss die EU auch durch gute Entwicklungszusammenarbeit sowie sensible und
kohärente Politik ihren Beitrag zu einer gerechteren und nachhaltigen Welt leisten. Dabei
sollten alle EU-Mitgliedsländer ihre Strategien untereinander harmonisieren und das Ziel,
0,7% des Haushaltes für Entwicklung zu investieren, erfüllen und vor allem die EU-
Außenwirtschaftspolitik entsprechend zu reformieren.
Sicherheit und Freiheit grenzüberschreitend stärken
Um die Sicherheit der Bürger*innen in der EU zu erhöhen, braucht es eine stärkere
Europäisierung in diesem Bereich. Die EU-Mitgliedstaaten sind gefordert, besser zu
kooperieren sowie mehr Geld und mehr Personal für sinnvolle Ermittlungsarbeit
bereitzustellen. Dafür sollten vorhandene Strukturen genutzt und wichtige Informationen über
Verdächtige zwischen den Behörden rechtzeitig und vollständig weitergeben werden. Polizei,
Sicherheitsbehörden und Geheimdienste müssen grenzüberschreitend enger zusammenarbeiten.
Dafür brauchen sie klare rechtstaatliche EU-Rahmenbedingungen, gemeinsame Standards für
Grundrechte und parlamentarische Kontrolle, und in konkreten Fällen auch zusätzliche Mittel
sowie eine bessere Ausstattung. So sollten zum Beispiel gemeinsame Ermittlungsteams bei
Europol und Eurojust, insbesondere auch im Bereich der Terrorismusbekämpfung, gestärkt
werden. Maßnahmen, die jedoch die Freiheit der Bürger*innen einschränken, indem ein
anlasslos agierender Überwachungsapparat ausgebaut wird oder die gefährliche
Pauschalverknüpfung sämtlicher Datensammlungen vorangetrieben wird, lehnen wir ab.
Die EU basiert auf Werten, die universell sind: Achtung der Menschenwürde, Demokratie,
individuelle Freiheit, Menschenrechte, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit. Sie muss sich an
ihren eigenen Anspruch, ihren Zielen und Werten messen lassen. Wenn um den Zusammenhalt der
Union willen über die Aushöhlung des Rechtsstaats in Polen oder die staatlich organisierte
Diskriminierung von Flüchtlingen in Ungarn hinweg gesehen wird, dann gefährdet dies das
Fundament der Europäischen Union. Daher ist es auch so wichtig, gegenüber Regierungen der
Mitgliedstaaten, die die Freiheit ihrer Bürger*innen beschränken, klare Kritik zu üben, ohne
dabei die Verbundenheit mit ihren Bürger*innen infrage zu stellen. Die EU darf nicht
wegsehen, wenn einzelne Regierungen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in ihrem Land
schwächen wollen. Mitgliedsstaaten, die das europäische Wertegerüst bewusst torpedieren,
dürfen damit nicht durchkommen. Deshalb ist der vorhandene Rechtstaatsmechanismus ein erster
Schritt, um über Missstände in einen Dialog mit Regierungen zu treten. Er muss aber dringend
zu einem wirksamen europäischen Instrument ausgebaut werden, durch das auch die
Rechtsstaatlichkeit aller Mitgliedsländer regelmäßig überprüft wird.
Die europäischen Werte nehmen Schaden in einer Debatte, in der nationale Egoismen schwerer
wiegen als das gemeinsame europäische Interesse. Zudem haben die Krisen auch bestehende
Ressentiments angeheizt. Wir sehen, wie nationalistische Populisten die aktuellen Krisen
nutzen, um mit scheinbar einfachen nationalen Lösungen zu punkten. Dabei nehmen sie sehenden
Auges in Kauf, die wirtschaftlichen Vorteile und sozialen Chancen Europas zu zerstören.
National wie europäisch treten wir daher den Anti-Europäern und Rechtspopulisten entschieden
entgegen. Denn für uns ist Fakt: Europa ist kein Kampf von Nationen. Es geht um mehr als
wirtschaftliche Vorteile, die Verteilung von Geld und das Aushandeln nationaler Rabatte.
Europa bedeutet heute mehr denn je für 500 Millionen Menschen Freiheit und Hoffnung auf ein
besseres Leben.
Eine gemeinsame Außenpolitik
Wenn die EU mit einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik mehr Verantwortung
übernimmt, können wir die Welt gerechter gestalten und friedlicher machen. Deshalb braucht
die EU eine langfristige außenpolitische Strategie. Wir betonen Menschenrechtsschutz,
Schutzverantwortung, zivile Krisenprävention, Bekämpfung von Fluchtursachen, Stärkung des
Internationalen Strafgerichtshofs sowie multilaterale Kooperation insbesondere auch im
Rahmen der Vereinten Nationen. Dazu gehört auch eine verantwortungsvolle Reaktion auf
humanitäre Krisen und Gewaltkonflikte. Das kann jedoch nur funktionieren, wenn die EU mehr
und mehr mit einer Stimme in der Außen- und Sicherheitspolitik spricht. Wir begrüßen daher,
dass die EU an gemeinsamen außenpolitischen Strategien arbeitet. Auch hier schaden nationale
Egoismen und verspielen das Kapital, dass sich aus der Zusammenarbeit ergibt.
Europa kann nicht darauf verzichten, bei der äußeren Sicherheit besser zusammenzuarbeiten,
um vor allem in unserer südlichen und östlichen Nachbarschaft unserer Verantwortung gerecht
zu werden. Dabei geht es um die besser koordinierte Nutzung bestehender Fähigkeiten, ohne
dabei die Rechte und die Kontrolle durch das Parlament zu beschneiden oder auszuhöhlen. Eine
Verpflichtung der EU-Staaten auf die zwar gebetsmühlenartig wiederholte, aber trotzdem
unrealistische Forderung nach einer Erhöhung der Militärbudgets auf 2% des BIP lehnen wir
ab. Wir wollen Fähigkeiten bündeln statt die Verschwendung öffentlicher Gelder bei der
Rüstung fortzusetzen. Kapazitäten und Fähigkeiten zur Förderung von Frieden, Menschenrechten
und Rechtsstaatlichkeit wollen wir ausbauen.
Wir Grüne wollen Europa zusammenhalten
Wir Grüne wollten, dass Großbritannien Mitglied in der EU bleibt. Wir bedauern zutiefst,
dass sich die Mehrheit für einen EU-Austritt entschieden hat, aber wir akzeptieren diese
Entscheidung. Ein für alle Seiten fairer Austrittsprozess muss nun zügig folgen, denn
weitere Unsicherheit beschädigt das Vertrauen in Europa. Für überzeugte Europäer*innen wird
es nun vornehmlich darum gehen, den Zusammenhalt der EU zu bewahren und zu stärken.
Die drängendsten Fragen über die Verfasstheit der EU müssen zeitnah gelöst werden. Deshalb
müssen wir uns grundsätzlich der Frage stellen, wieviel unterschiedliche Formen und
Geschwindigkeiten der Zusammenarbeit innerhalb der EU möglich ist, ohne dass diese zerfällt.
Unser Ziel bleibt ein Europa, in dem alle zusammenhalten, aber es muss auch die Möglichkeit
geben, dass eine Gruppe von Mitgliedstaaten vorangeht, um Blockaden einzelner Bremser zu
umgehen. Auch wollen wir keine EU, die in jedem Bereich bis ins Kleinste vorschreibt, was zu
tun oder zu lassen ist. Öffentliche Daseinsvorsorge und kommunale Selbstverwaltung müssen
weiterhin vor Ort gestaltet werden. Deshalb vertreten wir das Prinzip der Subsidiarität. Da
jedoch nahezu alle Lebensbereiche von gemeinsamen europäischen oder internationalen
Vereinbarungen geprägt sind, darf Subsidiarität nicht zum Deckmantel des Unwillens werden,
mit anderen Ländern in Europa oder der Welt Kompromisse einzugehen.
Es ist für uns selbstverständlich, dass wir weiter an unserem gemeinsamen Haus Europa bauen,
Schwächen in der Struktur und in der Umsetzung seiner Werte benennen und angehen. Trotz all
der enormen Herausforderungen unserer Zeit werden wir nicht vergessen: Europa hat uns die
Freiheit geschenkt, gemeinsam und friedlich in unserer Vielfalt zu leben. Das ist für uns
Grüne eine historische Errungenschaft und wir wollen, dass das so bleibt.
Weitere Antragsteller*innen
- Mirjam Schmidt (KV Frankfurt am Main)
- Ursula auf der Heide (KV Frankfurt am Main)
- Jennifer Bartelt (KV Frankfurt am Main)
- Marcus Bocklet (KV Frankfurt am Main)
- Wendel Burkhardt (KV Frankfurt am Main)
- Daniela Cappelluti (KV Frankfurt am Main)
- Nina Eisenhardt (KV Frankfurt am Main)
- Ulrike Gieseking (KV Frankfurt am Main)
- Gabriele Gressert (KV Frankfurt am Main)
- Karola Küll (KV Frankfurt am Main)
- Rainer Linnemann (KV Frankfurt am Main)
- Ralf Napierski (KV Frankfurt am Main)
- Sandra Neubauer (KV Frankfurt am Main)
- Marlene Riedel (KV Frankfurt am Main)
- Beate Schmidt-Dickopf (KV Frankfurt am Main)
- Gabi Schulte-Lünzum (KV Frankfurt am Main)
- Wolfgang Siefert (KV Frankfurt am Main)
- Manuel Stock (KV Frankfurt am Main)
- Rupert von Plottnitz (KV Frankfurt am Main)
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