Mündlich
Antrag: | Neues Wettrüsten verhindern - Abrüstung und Rüstungskontrolle vorantreiben |
---|---|
Antragsteller*in: | Dr. Herbert Sirois (KV Ansbach) |
Status: | Von der Antragskommission geprüft |
Eingereicht: | 21.10.2016, 21:02 |
Antrag: | Neues Wettrüsten verhindern - Abrüstung und Rüstungskontrolle vorantreiben |
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Antragsteller*in: | Dr. Herbert Sirois (KV Ansbach) |
Status: | Von der Antragskommission geprüft |
Eingereicht: | 21.10.2016, 21:02 |
Deutschland muss viel intensiver als bisher für eine Reform des UN-Systems streiten. Gleichzeitig sollten von der NATO losgelöste, unabhängige europäische Strukturen gesucht und implementiert werden. Damit könnte Europa politisch gestärkt und eine an europäischen Werten orientierte Sicherheitspolitik möglich werden. Ressourcen sollten vom klassischen Feld der nationalen Rüstungs- und Verteidigungspolitik in den Aufbau einer europäischen Sicherheitsarchitektur umgelenkt werden - einer Sicherheitsarchitektur, die auf dem Boden grundlegender europäischer Werte (humanistisches Denken, Rationalität, Säkularität, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte) fußt. Wir von Bündnis 90/Die Grünen sollten uns auch mit diesem Ziel an die Spitze einer zukunftsorientierten sicherheitspolitischen Diskussion stellen! Abschottung, immer höhere Militärausgaben und die Strukturen von NATO und bestehendem UN-Sicherheitsrat werden den internationalen Problemen nicht gerecht. Die „Merkel-Doktrin“, d.h. die Lockerung von Rüstungsexportpolitik, um „Partnerländer" in Krisenregionen zu "ertüchtigen", dort selbst für Stabilität zu sorgen, ist gescheitert.
Vertrauen, Abrüstung und Rüstungskontrolle sind angesichts der globalen Krisen und einer
Welt in Unordnung heute notwendiger denn je. Als US-Präsident Obama im Mai Hiroshima
besuchte, erneuerte er dort seine Vision für eine atomwaffenfreie Welt. Doch über sieben
Jahrzehnte nach dem Abwurf der Atombomben über Hiroshima und Nagasaki, die der Menschheit
das Zerstörungspotential dieser Massenvernichtungswaffen auf das Grausamste vor Augen
führten, ist eine Welt ohne Atomwaffen immer noch nicht in Sicht. Gleichzeitig führen
konventionelle Aufrüstung und Rüstungsexporte in Krisenregionen dazu, dass Konflikte weiter
eskalieren. Nur Abrüstung und Rüstungskontrolle bedeuten mehr Frieden und Sicherheit für
alle. BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN streiten dafür, diesen Weg gerade in der heutigen Zeit endlich
und entschieden zu gehen
Vom Ziel einer atomwaffenfreien Welt sind wir heute so weit entfernt, wie seit Beginn der
1980er Jahre nicht mehr. Noch im Jahr 2009 bestand Hoffnung, dass die Vision einer
atomwaffenfreien Welt wirklich Realität werden könnte. Über fast alle Fraktionsgrenzen
hinweg beschloss der Bundestag 2010 daher, sich aktiv für atomare Abrüstung einzusetzen und
forderte u.a. den Abzug der US-amerikanischen Atombomben aus Büchel, die wie ein Relikt aus
der Zeit der Blockkonfrontation noch in Rheinland-Pfalz stationiert sind.
Diese Atomwaffen wollen die USA nun modernisieren – und prompt verkündet Russland die
Stationierung von Nuklearwaffen in Kaliningrad. Beide Länder stecken dreistellige
Milliardenbeträge in die Modernisierung dieser Massenvernichtungswaffen. In der NATO wird
hinter verschlossenen Türen die eigene Atomstrategie diskutiert und die USA denken laut
darüber nach, nuklear bestückte Marschflugkörper inmitten Europas zu stationieren. Obwohl
mit dem endlich geschlossenen Abkommen zum iranischen Atomprogramm an anderer Stelle eine
weitere atomare Aufrüstung verhindert werden konnte, droht insgesamt die Abkehr vom
Abrüstungspfad und ein massiver Rückschritt für die Sicherheit der Welt. Nordkoreas Diktator
Kim Jong-un verfolgt weiter das Ziel der nuklearen Aufrüstung. Und auch eine Einigung über
eine atomwaffenfreie Zone im Nahen und Mittleren Osten ist weiterhin nicht in Sicht.
Atomwaffen waren schon immer sicherheitspolitischer Irrsinn. Wer an der Doktrin atomarer
Abschreckung festhält, denkt weiter in der Logik von Blockkonfrontation und Kaltem Krieg und
verleugnet die katastrophalen Folgen des Einsatzes von Atomwaffen für Mensch und Umwelt.
Dieser Weg ist falsch und geschichtsvergessen, vor allem ist er aber gefährlich.
Die sicherheitspolitischen Herausforderungen unserer Zeit finden sich in Form von
zerfallenden Staaten und transnationalen Terrornetzwerken, sie liegen in der wachsenden
sozialen Ungleichheit und der Klimakrise. Gegen diese Herausforderungen hilft kein einziger
atomarer Sprengkopf. Und erst recht helfen keine 16.000 Sprengköpfe, die heute weltweit noch
einsatzbereit sind. Atomwaffen unterscheiden nicht zwischen militärischen und zivilen
Zielen. Sie haben immense zerstörerische Kraft und wirken noch Jahrzehnte später nach. Es
sind grausame und menschen-, ja sogar alles Leben verachtende Waffen.
Als Partei, die ihre Wurzel vor allem auch in der Anti-Atombewegung hat, halten BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN am Ziel einer atomwaffenfreien Welt ausdrücklich fest. Wir wollen, dass die in
Deutschland und Europa stationierten US-Atomwaffen unverzüglich abgezogen werden. Wir lehnen
jegliche Abstriche beim Ziel von „Global Zero“ ab und verurteilen alle Maßnahmen, die den
Druck auf atomare Abrüstung mindern oder gar zu einer neuen Spirale atomarer Aufrüstung
führen.
Europa ist von Krisen umgeben. Sei es in der Ostukraine, in Syrien und dem Irak oder in
Nordafrika, wo Kriege und unmittelbare Not viele Staaten destabilisieren. Bis weit in das
konservative Lager herrscht verbal Einigkeit darüber, dass sich die Krisen und Konflikte
dieser Welt nicht mit militärischen Mitteln lösen lassen. Doch dieser Konsens ist für viele
leider viel zu oft nur ein Lippenbekenntnis, wenn genau diese Konflikte wieder als
Begründung für Waffenlieferungen in die betreffenden Länder und für massive Aufrüstung zu
Hause herangezogen werden. Das lehnen wir ab. Mehr Panzer und noch mehr Milliarden für den
Verteidigungshaushalt dienen nicht der deutschen, europäischen oder globalen Sicherheit,
sondern in erster Linie der heimischen Rüstungsindustrie.
Abrüstung muss stattdessen endlich ein Grundpfeiler der deutschen und europäischen
Außenpolitik werden. Weniger Rüstung und mehr vertrauensbildende Rüstungskontrolle bedeuten
mehr Frieden und Sicherheit in vielen Regionen dieser Welt.
Wir stehen zu mehr internationaler Verantwortung für Deutschland. Dafür braucht es aber
nicht mehr Panzer, keine bewaffneten Drohnen und keine nukleare Teilhabe. Sondern es braucht
frühzeitige Konfliktbearbeitung, zivile Krisenprävention und mehr Engagement in der
Entwicklungszusammenarbeit, einen stärkeren Einsatz von zivilen Expert*innen, Richter*innen,
mehr Personal bei den VN und mehr Polizist*innen und Soldat*innen bei Friedenseinsätzen der
VN, der EU oder der OSZE. Und es braucht eine grundlegend andere Politik bei uns in Europa
um die tieferliegenden Konfliktursachen anzugehen, die durch unsere Handelspolitik, unsere
Agrarpolitik oder unseren Beitrag zur Klimakrise entstehen.
Alle diese Maßnahmen würden konterkariert, wenn wir es zulassen, dass es durch Provokation
und Gegenprovokation zu einer neuen Aufrüstungsspirale kommt. Gerade in unruhigen Zeiten
muss eine aktive Friedens- und Abrüstungspolitik Leitlinie unserer internationalen Politik
sein.
Konkrete Schritte zu einer atomwaffenfreien Welt
Die Bundesregierungen haben es seit 2009 versäumt, das Zeitfenster für nukleare Abrüstung
nach der Prager Rede von US-Präsident Obama effektiv zu nutzen. Union und SPD bleiben mit
ihrer Politik sogar noch hinter den mageren Versuchen der schwarz-gelben Vorgängerregierung
zurück. Während die SPD im Wahlkampf noch für einen Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland
warb, hat sie im letzten Jahr mit CDU/CSU die Voraussetzungen für eine Modernisierung dieser
gefährlichen Massenvernichtungswaffen geschaffen. Die von den USA in Büchel (Rheinland-
Pfalz) stationierten taktischen Atomwaffen werden dadurch nicht nur gefährlicher, auf diese
Weise wird auch die Stationierung dieser Bomben in Deutschland zementiert. Wir kritisieren,
dass die Bundesregierung dies durch eine Anpassung von Trägermitteln, den Tornados, und der
Bereitstellung von Soldat*innen für einen Einsatz der Atomwaffen unterstützt.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern den sofortigen Abzug der US-amerikanischen Atomwaffen aus
Deutschland und Europa und eine klare Absage an die Modernisierungspläne, die auch noch
mehrere hundert Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt kosten. Innerhalb der NATO muss sich
Deutschland für ein Ende der Politik der nuklearen Abschreckung einsetzen. Dazu gehört der
Verzicht auf eine atomare Erstschlagoption.
Wenn neue Ideen und Bewegungen für eine atomwaffenfreie Welt auf veraltete Denkmuster und
zynischen Realismus stoßen, zieht sich die Bundesregierung stets ins Lager der nuklearen
Abschreckung zurück.
Wir kritisieren, dass die Bundesregierung bis jetzt nicht bereit war, die Erklärung der
Humanitären Initiative zu unterschreiben, in der festgestellt wird, dass ein Einsatz von
Atomwaffen „unter allen möglichen Umständen“ („under any circumstances“) auszuschließen sei.
Die Humanitäre Initiative könne man als NATO-Mitglied nicht unterstützen, hieß es. Unter den
159 Unterstützer-Staaten der Initiative finden sich mit Norwegen, Dänemark und Island jedoch
gleich drei Mitgliedstaaten der NATO. Erst im August hat die Bundesregierung in der
Unbefristeten Arbeitsgruppe zur nuklearen Abrüstung der Vereinten Nationen gegen einen
Resolutionsentwurf zum Verbot von Atomwaffen gestimmt. Wir fordern die Bundesregierung auf,
die Erklärung der Humanitären Initiative zu unterzeichnen und ihre Blockadehaltung in den
Gremien der Vereinten Nationen aufzugeben.
Das von Deutschland mitverhandelte Abkommen über das iranische Nuklearprogramm ist ein
historischer Durchbruch. Es ist auch ein wichtiges Zeichen dafür, dass internationale
Kooperation in der Abrüstungspolitik erfolgreich sein kann. Daher darf Deutschland seine
Glaubwürdigkeit bei diesem Thema nicht durch die Unterstützung nuklearer Aufrüstung an
anderer Stelle und im eigenen Land untergraben.
Aufrüstung erschwert Lösung der Ukraine-Krise
Die Situation in der Ukraine ist für die europäische Friedensordnung entscheidend, weil es
um das Selbstbestimmungsrecht eines souveränen Staates geht. Die Annexion der Krim war
völkerrechtswidrig. Russland hat hier die nationale Souveränität und territoriale Integrität
eines Staates missachtet und die Verpflichtung zur gewaltlosen Konfliktlösung und zur
Ablehnung gewaltsamer Grenzverschiebungen sowie das Einhalten internationaler Verträge
verletzt.
Auch im Hinblick auf die nukleare Abrüstung und Nichtverbreitung von Atomwaffen war das ein
fatales Signal. Die Ukraine hat 1994 als eines der wenigen Länder ihre Atomwaffen
vollständig abgegeben und dafür mit dem Budapester Memorandum eine Garantieerklärung für
ihre territoriale Integrität erhalten, der sich gerade Russland, Großbritannien und die USA
als Unterzeichnerstaaten verpflichtet haben. Russland hat mit seinem Agieren in der Ukraine
diese Garantie gebrochen.
Eine militärische Lösung dieses Konfliktes kann es nach wie vor nicht geben. Die Aufgabe der
EU muss es sein, in dieser ernsten Krise ihr Potenzial als Zivilmacht zur Deeskalation, zur
zivilen Konfliktbearbeitung und Friedensförderung einzusetzen. Mit dem Abkommen von Minsk
gibt es einen Fahrplan für eine Beilegung der Krise, an dem wir festhalten müssen.
Deshalb kritisieren wir auch alle Versuche, egal welcher Seite, diese Krise zu Aufrüstung
und Rückkehr zur Logik der Abschreckung zu nutzen. Das Festhalten der NATO am geplanten
Raketenabwehrsystem ist nach wie vor falsch. Erklärtes Ziel dieses Systems war der Schutz
vor potentiellen Angriffen aus dem Iran. Spätestens mit der Einigung in den Iran-
Verhandlungen ist dieses teure Projekt obsolet geworden. Ein Verzicht darauf könnte einen
wichtigen Beitrag zur Entspannung zwischen NATO und Russland leisten und der Erzählung
Präsident Putins von der permanenten Einkreisung den Wind aus den Segeln nehmen. Die
Bundesregierung muss sich für einen Stopp des NATO-Raketenabwehrsystems einsetzen.
Gerade wenn die Lage angespannt ist, braucht es eine konsequente Entspannungspolitik. Die
Rüstungskontrolle in Europa muss fit fürs 21. Jahrhundert gemacht werden. Sie muss neue
militärische Fähigkeiten und Strategien einbeziehen und auch in Gebieten anwendbar sein,
deren territorialer Status umstritten ist. Langfristig kann nur Kooperation zu einer
langsamen Wiederannäherung führen.
NATO-Russland: Gefahren erkennen, Chancen ergreifen
Wir sehen mit Sorge, dass durch ständige Übungen und Manöver entlang der Grenzen zwischen
Russischer Föderation und Europäischer Union die Gefahr der Eskalation steigt.
Wir wissen um die Befürchtungen gerade der baltischen und osteuropäischen Mitgliedstaaten
der EU, die aus ihrer geopolitischen Lage und aus ihrer jüngeren Geschichte heraus auch mehr
als verständlich sind. Deshalb haben wir auch die verstärkte Beteiligung Deutschlands an der
Luftraumüberwachung der NATO-Mitgliedsstaaten im Baltikum unterstützt.
Die Bundesregierung hat sich zur weiteren Gültigkeit der NATO-Russland-Grundakte von 1997
bekannt. Dieses Bekenntnis darf nicht konterkariert werden.
Eine dauerhafte Stationierung von Truppen in substantiellem Umfang im östlichen NATO-
Bündnisgebiet lehnen wir ab. Es wäre ein Schritt zurück hin zu waffenstarren Blöcken, die
sich gegenüber stehen. Wer eine Entspannung anstrebt, wird diese sicher nicht mit noch mehr
Truppen an den Außengrenzen erreichen.
Dass diese Politik nur zu mehr Konfrontation führt, zeigt die diesen Plänen folgende
Ankündigung des russischen Präsidenten ebenfalls mit Truppenstationierungen an den EU-
Außengrenzen zu reagieren. Beides lehnen wir ab und rufen beide Seiten dazu auf, abzurüsten
und die Militärpräsenz zu verringern.
Es bleibt richtig: langfristige Sicherheit in Europa wird nach unserer Überzeugung nur mit
und nicht gegen Russland verwirklicht werden können. Der nukleare Abrüstungsprozess zwischen
den USA und Russland muss stärker unterstützt werden, um dem Ziel einer atomwaffenfreien
Welt näher zu kommen. Für einen ernsthaften Dialog braucht es wieder eine Verstetigung des
NATO-Russland-Rates als zentrale Dialogplattform.
Konventionelle Aufrüstung stoppen - wirksame Rüstungskontrolle umsetzen
Neben einer gefährlichen Nuklearstrategie hält die NATO noch immer an ihrer sicherheits- und
finanzpolitisch unsinnigen Forderung fest, jedes Mitgliedsland müsse zwei Prozent des
Bruttoinlandsproduktes für Militärausgaben aufbringen. Bundeskanzlerin Merkel hat sich
perspektivisch zu diesem Ziel und einer weiteren Erhöhung der Militär- und Rüstungsausgaben
bekannt. Die massive Aufrüstungsoffensive von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen
für die Bundeswehr stellt einen Rückfall in die Logik des Kalten Krieges dar und wird am
Ende nicht mehr, sondern weniger Sicherheit schaffen. Die Bundesregierung darf sich bei der
Beschaffung im Militärbereich nicht länger von den Wünschen der Rüstungsindustrie leiten
lassen.
Deutschland muss stattdessen endlich seine finanzielle Zusage, 0,7 Prozent seiner
Wirtschaftsleistung für internationale Entwicklungszusammenarbeit zu verwenden, erfüllen. Es
ist zynisch, wenn die Bundesregierung seit Jahrzehnten diese Zielmarke weit verpasst, dann
aber bei der NATO verspricht, den Wehretat von 1,3 auf 2 Prozent zu erhöhen. Die Not vieler
Menschen auf der Flucht oder die akute Finanznot des UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR zeigen
die gefährlich falsche Prioritätensetzung.
Deutschland muss viel intensiver als bisher für eine Reform des UN-Systems streiten. Gleichzeitig sollten von der NATO losgelöste, unabhängige europäische Strukturen gesucht und implementiert werden. Damit könnte Europa politisch gestärkt und eine an europäischen Werten orientierte Sicherheitspolitik möglich werden. Ressourcen sollten vom klassischen Feld der nationalen Rüstungs- und Verteidigungspolitik in den Aufbau einer europäischen Sicherheitsarchitektur umgelenkt werden - einer Sicherheitsarchitektur, die auf dem Boden grundlegender europäischer Werte (humanistisches Denken, Rationalität, Säkularität, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte) fußt. Wir von Bündnis 90/Die Grünen sollten uns auch mit diesem Ziel an die Spitze einer zukunftsorientierten sicherheitspolitischen Diskussion stellen! Abschottung, immer höhere Militärausgaben und die Strukturen von NATO und bestehendem UN-Sicherheitsrat werden den internationalen Problemen nicht gerecht. Die „Merkel-Doktrin“, d.h. die Lockerung von Rüstungsexportpolitik, um „Partnerländer" in Krisenregionen zu "ertüchtigen", dort selbst für Stabilität zu sorgen, ist gescheitert.
Der unverantwortliche Umgang der Bundesregierung mit Rüstungsgütern zeigt sich auch bei
ihrer Genehmigungspraxis für Rüstungsexporte und der Lieferung von Waffen in Kriegsgebiete.
Im ersten Halbjahr 2016 hat die Bundesregierung Rüstungsexporte im Wert von über vier
Milliarden Euro genehmigt. 2015 wurde der Gesamtwert der Exportgenehmigungen mit fast acht
Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt. Ein Großteil dieser gefährlichen
Exporte geht dabei an Staaten außerhalb von EU und NATO. Beispielsweise in Mexiko hat sich
in den letzten Jahren gezeigt, wie schnell von Deutschland gelieferte Waffen sich
weiterverbreiten können und wie schnell sie in falsche Hände fallen können. Jährlich
genehmigt die Bundesregierung Rüstungsexporte in Länder wie Saudi-Arabien und Katar, die
einen blutigen Krieg im Jemen führen. Diese Beispiele zeigen, dass die strengen politischen
Richtlinien für Rüstungsexporte aus dem Jahr 2000 unter Angela Merkel und Sigmar Gabriel
ausgehebelt wurden.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern deshalb ein Rüstungsexportgesetz, das diesen Grundsätzen und
Kriterien mehr Verbindlichkeit verleiht. Rüstungsexporte und Waffenlieferungen in
Krisengebiete, wie etwa die Ukraine, und an Staaten, die Menschenrechte verletzen, wie etwa
Saudi-Arabien, lehnen wir ab. Die Zuständigkeit wollen wir vom Wirtschaftsministerium auf
das Auswärtige Amt übertragen und mehr Transparenz und demokratische Beteiligung bei
Rüstungsexportentscheidungen einführen.
Aber nicht nur bei den Rüstungsexporten ist die Politik von Schwarz-Rot ein
abrüstungspolitisches Desaster. Die Verteidigungsministerin treibt ohne eine
sicherheitspolitische Begründung die Beschaffung und Entwicklung von Kampfdrohnen voran. So
wird einmal mehr das Profitinteresse der Rüstungsindustrie bedient und nicht nach einem Weg
für mehr Frieden und Sicherheit gesucht. Der gefährliche Trend zur automatischen oder sogar
autonomen Kriegsführung führt zu einer Entgrenzung und Eskalation von Konflikten. Die von
den USA durchgeführten Drohneneinsätze z.B. in Pakistan oder in Somalia machen deutlich, wie
schnell die Hemmschwelle zur Anwendung bewaffneter militärischer Gewalt bei den politischen
Entscheidungsträger*innen sinkt, wenn die eigenen Streitkräfte dabei kein Risiko eingehen
müssen.
Die Bundesregierung muss sich international für eine Ächtung autonomer bewaffneter Drohnen
einsetzen und aufklären, ob die USA ihre Basen in Deutschland für völkerrechtswidrige
Drohnenangriffe nutzen. Die von der Bundesregierung beschlossene Entwicklung eigener
Kampfdrohnen bis 2025 und jegliche Beschaffung bewaffneter Drohnen lehnen wir ab.
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