Veranstaltung: | 40. Ordentliche Bundesdelegiertenkonferenz |
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Tagesordnungspunkt: | EV Energie- und Verkehrswende |
Antragsteller*in: | Bundesarbeitsgemeinschaft Energie (dort beschlossen am: 24.09.2016) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 25.09.2016, 17:31 |
EV-02 (vormals V-02): Reaktivierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG)
Antragstext
Bündnis 90/Die Grünen setzen sich dafür ein, den Ausbau der Stromversorgung aus Erneuerbaren
Energien so zu beschleunigen, dass in Deutschland bis 2025 auf die Stromerzeugung aus Kohle
verzichtet werden kann und bis 2030 auch auf Strom aus allen anderen fossilen Energien. Als
erster Schritt ist dazu eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) mit den folgenden
Eckpunkten notwendig:
Erhöhung der im EEG festgelegten Mindestausbauziele auf zunächst 5 GW Wind onshore und
5 GW Photovoltaik netto. Diese Ziele werden sukzessive an das tatsächlich benötigte
Maß angepasst, um im Bruttostromverbrauch mindestens 50 % erneuerbare Energien bis zum
Jahr 2020 und mindestens 75 % bis zum Jahr 2025 zu erreichen.
Streichung der EEG-Umlage auf selbst erzeugten und verbrauchten Strom aus erneuerbaren
Energien („Sonnensteuer“).
Streichung der EEG-Umlage auf über Mieterstromprojekte selbst erzeugten und
verbrauchten Strom aus erneuerbaren Energien, ebenso für Direktvermarktung in
räumlicher Nähe.
Befreiung von in Quartiersspeichern gespeicherten Strom aus erneuerbaren Energien von
der EEG-Umlage.
Rückführung der Industrie-Ausnahmen auf das notwendige Maß für im internationalen
Wettbewerb stehende Unternehmen (Aluminiumindustrie, Grundstoffsynthese u. dergl.) und
Begrenzung auf den tatsächlichen energieintensiven Prozess
Streichung des Deckels von 52 GW bei der Photovoltaik.
Schaffung einer Möglichkeit, EEG-Strom auch außerhalb der Strombörse zu vermarkten im
Rahmen eines Grünstrom-Markt-Modells
Streichung der Ausschreibungspflicht, mindestens aber Befreiung von Projekten bis 18
MW bei der Windenergie und 1 MW bei der Photovoltaik (de-minimis).
Wegfall aller Anmeldepflichten für kleine, nicht gewerblich betriebene
Photovoltaikanlagen (unter 5 kWp), wenn im Gegenzug auf jegliche Einspeisevergütung
verzichtet wird.
Zwangsweise europaweite Ausschreibung für EEG-Strom lehnen wir ab
Wir setzen uns auf EU-Ebene dafür ein, dass die 2014 erlassenen Leitlinien für Umwelt- und
Energiebeihilfen schnellstmöglich geändert werden. Solange diese Leitlinien gelten, werden
wir die darin enthaltenen Ausnahmen von der Ausschreibungspflicht in vollem Umfang
ausschöpfen.
Begründung
Auf dem Pariser Klimagipfel hat die Bundesregierung dem Ziel zugestimmt, die Erwärmung des Weltklimas auf „deutlich unter 2 Grad“ zu beschränken und eine Erhöhung von nicht mehr als 1,5 Grad anzustreben. Eine erste Studie des New Climate Institute im Auftrag von Greenpeace hat ergeben, dass die Stromerzeugung zur Versorgung Deutschlands bis 2030 voll auf Erneuerbare umgestellt und aus der Kohleverstromung bis 2025 ausgestiegen werden müsste.
Wir wollen die Energiewende deshalb stark beschleunigen und die Bürger*innen für Investitionen in den Klimaschutz begeistern.
Dagegen demontiert die Koalition von CDU und SPD seit 2014 mit dem Erneuerbaren-Energie-Gesetz (EEG) den wichtigsten Eckpfeiler einer bundesweiten Energiewende und das Vorzeigegesetz unseres Landes in der internationalen klimapolitischen Debatte. Mit dem jetzt gestutzten EEG wird es nicht möglich sein, die Klimaziele zu erreichen; das Tor für die gegen jede klimapolitische Vernunft betriebene Kohleverstromung bleibt weiterhin offen, inklusive der Verwüstung der Landschaften durch den Tagebau.
Wir wollen die mit unseren damaligen Regierungsbeitritt 1998 begonnene Energiewende im Strombereich konsequent fortsetzen und beschleunigen. Deutschland hat das ökonomische, technische und vor allem kreative Potential, eine vollständige Umsteuerung auf „nur erneuerbar erzeugten Strom“ in Deutschland innerhalb der kommenden 14 Jahre zu schaffen. Damit können auch die Kohlekraftwerke deutlich früher abgeschaltet und die Braunkohleförderung innerhalb des kommenden Jahrzehnts beendet werden. Darum wollen wir die in diesem Antrag umrissene Reform und Erneuerung des EEG mit Beginn der kommenden Legislaturperiode durchsetzen und die Energiewende und den Klimaschutz zu unseren zentralen Anliegen im kommenden Bundestags-Wahlkampf machen.
Bereits die EEG-Novelle aus dem Jahr 2014 hat zu einem massiven Einbruch beim Ausbau der Photovoltaik geführt. Seit 2014 muss für selbst erzeugten und verbrauchten Strom aus erneuerbaren Energien eine EEG-Umlage bezahlt werden („Sonnensteuer“). Neben der finanziellen Belastung führt dies zu einem sehr hohen bürokratischen Aufwand für die Betreiber von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Anlagen mit weniger als 10 kW Spitzenleistung und einer Stromproduktion von weniger als 10 MWh pro Jahr sind zwar davon ausgenommen, jedoch nur für 20 Jahre. Was danach passiert, ist unklar.
Begründung im einzelnen:
Mit der vom Bundestag im diesen Jahr beschlossenen Novellierung des EEG werden weitere gravierende Verschlechterungen eingeführt. Mit der Einführung von Ausschreibungsmodellen auch für relative kleine Projekte von weniger als 750 kW installierter Leistung, wird es für Bürgerenergieprojekte schwierig, noch Windenergieanlagen zu errichten, da diese heute typischerweise eine Nennleistung von 2 bis 4 MW aufweisen.
Die Befreiung großer Teile der Industrie von einem Großteil der EEG-Umlage führt zu großem Missbrauch. Einige Betriebe steigern absichtlich ihren Stromverbrauch oder lagern personalintensive Bereiche in Zulieferunternehmen aus, um in den Genuss der Befreiung von einem Großteil der EEG-Umlage zu kommen. Darüber hinaus kommt es zu erheblichen Verzerrungen innerhalb der EU. Energieintensive Betriebe in anderen EU-Staaten werden nach Deutschland verlagert.
Im derzeit gültigen EEG ist für die Photovoltaik ein Deckel von 52 GW vorgesehen. Ab einer installierten Leistung von 52 GW gibt es keine Vergütung mehr. Für eine auf 100% erneuerbare Energieversorgung über alle Sektoren ist nach Prof. Volker Quaschning von der HTW in Berlin eine installierte Leistung an Photovoltaikanlagen von 400 GW erforderlich.
Für kleine Photovoltaikanlagen (mit weniger als 5 kW Spitzenleistung) würde ein Verzicht auf unnötige Bürokratie den Anreiz erhöhen, sich eine Anlage auf das Dach zu schrauben. Heute muss man selbst für kleine Anlagen ein Unternehmen gründen und die erhaltene Einspeisevergütung in der Steuererklärung angeben (auch wenn es sich nur um einen ein- bis zweistelligen Euro-Betrag handelt). Bei kleinen PV-Anlagen entsteht die größte Wertschöpfung aus dem Eigenverbrauch. Bei verzicht auf Einkünfte aus der Überschusseinspeisung sollen diese daher regelmäßig als nicht-gewerblich angesehen werden (Wegfall von Umsatz- und Einkommensteuerpflicht) und nicht anmeldepflichtig sein. Dieer Wegfall der Bürokratie erhöht den Anreiz, solche kleinen Anlagen zu installieren.
Durch unsere Streichungen würde die „Sonnensteuer“ abgeschafft und die überbordende Industriebefreiung auf das ursprüngliche Maß von 2003 zurückgeführt. Ebenfalls gestrichen wurde der Absatz zu den europaweiten Ausschreibungen, da eine europaweite Ausschreibung nicht dem Ziel einer dezentralen Stromversorgung dient. Das Gesetz wird dadurch erheblich vereinfacht.
Quartierspeicher, bei denen sich mehrere Photovoltaikanlagenbetreiber einen Speicher teilen, werden durch die bisherige Regelung verhindert. Sobald der Speicher mehreren zusammen gehört, verliert er die Eigenschaft eines Bestandteils der Eigenversorgung. Es muss dann sowohl beim Einspeichern, als auch beim Ausspeichern EEG-Umlage gezahlt werden.
Kurzzeitspeicher, die bereits heute verfügbar sind, können Netzdienstleistungen (Regelenergie, Frequenzhaltung, synthetische Trägheit) erbringen. Heute werden die Netzdienstleistungen teilweise von Kohlekraftwerken erbracht. Große Batteriespeicher wie zum Beispiel die 5-MW-Anlage der WEMAG in Schwerin (https://www.wemag.com/ueber_die_wemag/oekostrategie/Energiespeicher/Batteriespeicher/) können Kohlekraftwerke zur Netzstabilisierung verdrängen.
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