Der Begriff der "Chancengerechtigkeit" ist im politischen und philosophischen Diskurs kritikwürdig, da er die Zugangsrechte zu sozialen Gütern in Bezug auf individuelle Begabungen und Herkunft relativiert. Der Begriff der "Chancengleichheit" nimmt die politischen Institutionen in die Pflicht, gleiche Chancen zu ermöglichen – und damit individuelle Begabungen, Herkunft etc. auszugleichen. Er ist im Sinne des Antrags und unseres politischen Anspruchs also zutreffender.
Antrag: | Wir investieren in Gerechtigkeit (nur neue Zeilennummerierung) |
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Antragsteller*in: | Sven Lehmann (KV Köln) |
Status: | Von der Antragskommission geprüft |
Eingereicht: | 20.10.2016, 21:51 |
Kommentare
Hubert R. Schübel (KV Stuttgart):
Es geht aus meiner Sicht um zwei Kernfragen:
Die eine Kernfrage ist, ob unser politische Anspruch darin besteht, Individuen mit hoher Begabung eine relative Chancenverschlechterung angedeihen zu lassen - mit gravierenden motivationalen und gesellschaftlichen Folgen!
Die andere Kernfrage ist, ob bei Individuen mit gleicher Begabung der soziale/ökonomische Stand des sozialen Nahumfeldes über Wohl und Wehe der Bildungskarriere entscheidet. Ebenfalls mit gravierenden motivationalen und gesellschaftlichen Folgen.
Chancengleichheit bezieht sich insofern auf die von sozialen/ökonomischen Situationendes Nahumfeldes unabhängige Zugänglichkeit von Bildungsmöglichkeiten, Chancengerechtigkeit - so wie sie hier begründet ist - auf das Ergebnis der Bildungskarriere, das weder von sozialen/ökonomischen noch von Begabungsunterschieden ausdifferenzieren soll. In letzter Konsequenz würde dies bedeuten, dass das Bildungssystem so ausgestaltet werden solle, dass allen die Chance ermöglicht wird, z. B. Hochschulprofessor*in zu werden - auch Individuen, die dafür nur sehr geringe Begabung haben.