Die ökologische Transformation wird von der Akzeptanz der Bevölkerung getragen. Um diese über die kommenden Jahrzehnte hinweg aufrechtzuerhalten, müssen vor allem einkommensschwache Haushalte in die Bezahlbarkeit der Energiewende vertrauen können. Energie- und Sozialpolitik müssen dafür neu abgestimmt werden. Die Innovationen erneuerbarer Energien müssen durch neue Konzepte der sozialer Sicherung begleitet werden. Nach Jahren des neoliberalen Umbaus, in dem Leistungen gekürzt und Anspruchsrechte geschwächt wurden, ist der heutige Sozialstaat nicht in der Lage, diese Sicherheit umfassend zu garantieren. Um den Herausforderungen des grünen Wandels gerecht zu werden, müssen die sozialpolitischen Instrumente deshalb umfassend reformiert und weiterentwickelt werden.
Die zusätzlichen Kosten der Energiewende werden durch das bestehende System nur unzureichend abgefedert.
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Die Erhöhung des ALG II-Regelsatzes folgt nicht der Entwicklung des Strompreises. Seit der Einführung von Hartz IV im Jahr 2005 wurde der Regelsatz um 19 Prozent erhöht, gleichzeitig sind die Stromtarife der Grundversorger im selben Zeitraum um 62 Prozent gestiegen. Auch die zusätzliche Pauschale für die dezentrale Warmwasserversorgung (zumeist strombetriebene Boiler) deckt im Schnitt nur ungefähr ein Drittel des tatsächlichen Bedarfs.
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Die energetische Modernisierung von Gebäuden kann unter den jetzigen Bedingungen zur Verdrängung einkommensschwacher Haushalte führen. Aufgrund der regional fixierten Angemessenheitsgrenzen bei den Kosten der Unterkunft (KdU), mit denen die Kaltmieten gedeckelt werden, können Wohnungen durch energetische Sanierungen vor allem für Arbeitslose unbezahlbar werden.
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Im Wohngeld wird der Klimaschutz ebenfalls nicht ausreichend berücksichtigt. Die Höhe des Wohngelds orientiert sich an Mietstufen, die sich aus den durchschnittlichen Kosten günstigen Wohnraums zusammensetzen, und nicht an der realen Kaltmiete der Empfänger*innen. Die steigenden Kaltmieten bei Wohnungen mit höherem Energieeffizienzstandard werden dabei nicht berücksichtigt.
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Eine perspektivische Weiterführung der ökologischen Finanzreform, die zum Beispiel höhere Steuern auf Heizöl veranschlagt, würde degressiv wirken, d.h. Einkommensschwache Haushalte überdurchschnittlich stark belasten. Auch ein Ökobonus, mit dem unter anderem CO2-Steuern auf Heizenergie pro Kopf wieder ausgeschüttet werden, würde in diesem und möglicherweise auch in anderen Lebensbereichen Besserverdienende bevorzugen, die in neueren Wohnungen mit höherer Effizienz leben.
Es werden derzeit verschiedene Lösungsansätze diskutiert, um die Investitionskosten des Klimaschutzes sozial kompensieren. Im Konzept einer ökologischen Grundsicherung werden diese unter einer gemeinsamen Zielsetzung, der kostenneutralen Teilhabe am Klimaschutz, verbunden.
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Mit einem Klimawohngeld könnte bei energetischen Modernisierung jener Anstieg der Kaltmiete kompensiert werden, der nicht durch Energieeinsparungen ausgeglichen werden kann. Die Höhe des Wohngeldes würde sich in Zukunft auch an der energetischen Qualität eines Gebäudes orientieren.
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Die Angemessenheitsgrenzen bei den Kosten der Unterkunft (KdU) müssten ebenfalls in Abhängigkeit von der energetischen Gebäudequalität erhöht werden. Über ausreichende Gesamtangemessenheitsgrenzen, die sich an einem nicht übermäßigen suffizienten Energieverbrauch orientieren, könnte zugleich sichergestellt werden, dass Gewinne bei der Energieeffizienz nicht durch falsches Nutzungsverhalten zunichte gemacht werden (Rebound-Effekt).
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Die im ALG II vorgesehene Pauschale zur Anschaffung neuer Haushaltsgeräte von monatlich 3 Euro, sollte durch ausreichende Einmalzahlungen für den Austausch ineffizienter Altgeräte ersetzt werden. Die Erfahrungen mit dem Programm der Bundesregierung Stromspar-Check-Plus zeigen, dass ein Zuschuss von 150 Euro dabei nicht genug ist. Laut einem ersten Zwischenresümee wurden von 18.700 gewährten Gutscheinen wurden nur 4.000 in Anspruch genommen.
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Um den Regelsatzes adäquat und zeitnah an die Strompreisentwicklung anzupassen, sollte eine Stromkostenpauschale eingeführt werden. Deren Berechnung würde sich nicht an der Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS) orientieren.Vielmehr würde der aktuelle Strompreis und die jährlichen Verbrauchswerte veranschlagt. Zusätzlich sollte die Pauschale für die dezentrale Warmwasseraufbereitung deutlich erhöht werden. Von heute 9,18 Euro auf schätzungsweise 24,49 Euro.
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Bei der Festsetzung des Mindestlohns müssen energiebedingte Kostensteigerungen adäquat berücksichtigt werden, um auch den Teil der von Energiearmut gefährdeten Bevölkerung zu unterstützen, der keine oder nur teilweise Transferleistungen erhält.
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