Antrag: | Dringlichkeitsantrag: Wir stehen an der Seite aller Demokrat*innen in der Türkei |
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Antragsteller*in: | Karl-W. Koch (V Vulkaneifel) |
Status: | Von der Antragskommission geprüft |
Eingereicht: | 11.11.2016, 11:26 |
E-07-175: Dringlichkeitsantrag: Wir stehen an der Seite aller Demokrat*innen in der Türkei
Antragstext
Von Zeile 174 bis 180:
jetzt mehr denn je. Für eine demokratische und weltoffene Türkei müssen die Türen zur EU offen bleiben.
Wir verurteilen die am 10.11. erfolgte Verlängerung und Ausweitung der Syrieneinsätze der Bundeswehr von der Türkei aus. Die Beteiligung der Bundeswehr an allen Einsätzen in der Türkei ist umgehend zu beenden, auch und gerade bzgl. Aufklärung und Informationsweitergabe. Dies beinhaltet den Abzug der Bundeswehr aus Incirlik. Dessen Beendigung ist überfällig, wir haben diesen Einsatz immer schon kritisiert. Es ist außerdem inakzeptabel, dass erneut eine Besuchsanfrage eines Bundestagsabgeordneten auf dem Gelände in Incirlik von der Türkei blockiert wird. Weiterhin lehnen wir die Bundeswehrbeteiligung an den Awacs-Einsätzen ab. Daneben fordern wir den sofortigen Stopp aller Rüstungsexporte an die Türkei, solange die Türkei Krieg gegen die eigene Zivilbevölkerung im Südosten des Landes führt. Eine Fortsetzung der militärischen Zusammenarbeit bedeutet eine indirekte Unterstützung von illegitimen Verhaftungen, Folter und Gewalt.
Der Abzug der Bundeswehr aus Incirlik ist überfällig, wir haben diesen Einsatz immer schon kritisiert. Es ist außerdem inakzeptabel, dass erneut eine Besuchsanfrage eines Bundestagsabgeordneten auf dem Gelände in Incirlik von der Türkei blockiert wird. Daneben fordern wir den sofortigen Stopp aller Rüstungsexporte an die Türkei, solange die Türkei Krieg gegen die eigene Zivilbevölkerung im Südosten des Landes führt.
.Die neuen und verschärften Verhaftungen und Massenentlassungen in der Türkei vergangene
Woche schockieren und besorgen uns zutiefst. Sie sind ein weiterer trauriger Höhepunkt der
seit längerem andauernden Aushöhlung von Rechtsstaat, Demokratie und gesellschaftlichem
Frieden in der Türkei durch Präsident Erdoğan und die türkische Regierung.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen fest an der Seite derjenigen in der Türkei, die für Demokratie,
Rechtsstaatlichkeit und Weltoffenheit eintreten. Wir kritisieren die jüngsten Verhaftungen
von Journalist*innen der Cumhurriyet und zahlreicher HDP-Abgeordneter inklusive der
Vorsitzenden dieser demokratischen Oppositionspartei aufs aller Schärfste. Auch die
Europäische Union und vor allem die Bundesregierung müssen das Vorgehen Erdoğans endlich
klar kritisieren und darauf scharf reagieren.
Für uns GRÜNE ist die türkische Gesellschaft Teil der europäischen Gesellschaft. Die Türkei
und Europa verbindet viel mehr als uns trennt. Allein in Deutschland leben fast drei
Millionen türkeistämmige Menschen. Millionen Deutsche haben Freund*innen in der Türkei und
verbringen dort regelmäßig ihren Urlaub, 5,5 Millionen allein in 2015. Die gegenseitige
Berichterstattung ist intensiv und die wirtschaftlichen Beziehungen sind durch die Zollunion
tief verankert. Und auch in den Bereichen Kultur, Bildung und Wissenschaft gibt es
zahlreiche und wertvolle Kooperationen. Die Wirtschaftsleistung sowohl der EU als auch der
Türkei hat in den vergangenen Jahrzehnten auch aufgrund der engen Beziehungen stark
zugenommen.
Aber diese Beziehungen zwischen der Türkei und der EU haben in den vergangenen Jahren
dramatisch gelitten. Immer weiter hat die Türkei in dieser Zeit den Pfad von
Rechtsstaatlichkeit und Demokratie verlassen. Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan
beschneidet massiv Demokratie und Rechtsstaatlichkeit des Landes. Die Türkei unter Erdoğan
wandelt sich zur Diktatur. Auch für uns in Europa hat die Krise in der Türkei direkte
Auswirkungen.
In der ersten Novemberwoche 2016 erreichte die Repressionswelle gegenüber Andersdenkenden in
der Türkei eine neue Dimension: Insbesondere die Verhaftung von 13 Journalist*innen der
regierungskritischen Tageszeitung „Cumhuriyet“ in der Nacht vom 3. auf den 4. November 2016
stellt einen traurigen Höhepunkt für die seitens der türkischen Regierung betriebene
Aushebelung der Pressefreiheit dar. Die nur wenige Tage darauf erfolgte Verhaftung von elf
Abgeordneten der Oppositionspartei HDP, darunter der beiden Ko-Vorsitzenden Figen Yüksekdağ
und Selahattin Demirtaş, ist ein Schlag gegen den demokratischen und pluralistischen
Parlamentarismus in der Türkei, der religiösen und ethnischen Minderheiten eine Stimme und
gleichberechtigte Teilhabe gibt. Die demokratisch legitimierte AKP-Regierung schafft so die
Demokratie in der Türkei ab. Durch ein zunehmendes Aushebeln rechtsstaatlicher Strukturen
gibt es immer weniger eine unabhängige Justiz und freie Presse, die dieser Entwicklung nun
Einhalt bieten könnten. Die AKP-Regierung und Staatspräsident Erdoğan verwandeln die Politik
des Landes mehr und mehr in eine Willkür der Mehrheit gegenüber Minderheiten und kritischen
Stimmen.
Wir dürfen die gegenwärtige Stimmungsmache türkischer Regierungsmitglieder nicht
unbeantwortet lassen. Unsere Antworten werden deutlich, jedoch sachlich und konstruktiv
sein. Alle, die in Deutschland für oder gegen Erdoğan auf die Straße gehen, müssen ihre
Proteste friedlich gestalten. Die tiefe Spaltung der türkischen Gesellschaft darf aber nicht
das friedliche und tolerante Zusammenleben in Deutschland und Europa gefährden.
Für eine friedliche Lösung mit den Kurd*innen
Selahattin Demirtaş steht stellvertretend für viele andere für eine friedliche und
politische Lösung der Kurdenfrage in der Türkei. Wir Grüne haben die HDP bei den
Parlamentswahlen im Juni 2015 und November 2015 unterstützt. Sie hat es geschafft, ein
breites Bündnis progressiver und liberaler Kräfte in der Türkei, weit über das kurdische
Spektrum hinaus, hinter sich zu versammeln. Wir fordern die sofortige Freilassung von
Selahattin Demirtaş, Figen Yüksekdağ, aller festgenommenen HDP-Abgeordneten sowie der
festgenommenen Journalist*innen. Darüber hinaus muss es für alle Menschen, die im Nachgang
des gescheiterten Putschversuchs verhaftet, von ihren Arbeitsstellen entfernt oder in
anderer Form politisch verfolgt und sanktioniert wurden, sofort einen Zugang zu
rechtsstaatlichen Verfahren geben.
Seit dem Wahlerfolg der HDP bei den Parlamentswahlen im Juni 2015 und der Aufkündigung des
Friedensprozesses in den kurdischen Gebieten einen Monat später hat die Repression gegenüber
kritischen Stimmen massiv zugenommen. Die kurdischen Gebiete sind besonders stark davon
betroffen. Der Bürgerkrieg führte zur Zerstörung mehrerer Städte, wie der historischen
Altstadt von Diyarbakir. Mehrere hundert Menschen wurden getötet, hunderttausende Menschen
sahen keinen anderen Ausweg, als ihre Heimat zu verlassen. Präsident Erdoğan, dem die EU mit
dem Flüchtlings-Deal das Schicksal von über zwei Millionen Flüchtlingen überlässt, schafft
in seinem eigenen Land damit neue Fluchtursachen.
Klar ist, wir GRÜNE verurteilen jede Form der Gewalt und Eskalation im innertürkischen
Konflikt. Die PKK hat mit furchtbaren Terroranschlägen zur Eskalation beigetragen. Mit dem
Ausschalten der friedlichen Opposition und einer freien Medienberichterstattung in den
kurdischen Gebieten spielt Erdoğan jedoch der PKK in die Hände und trägt seinerseits zur
Eskalation bei. Es darf nicht zur Ausweitung des Bürgerkriegs auf andere Gegenden der Türkei
kommen. Beide Seiten müssen sofort die Waffen ruhen lassen und an den Verhandlungstisch
zurückkehren. Es kann nur eine friedliche und politische Lösung der Kurdenfrage geben.
Präsident Erdoğan wird mit seiner extrem repressiven Politik und seinem militärischen
Vorgehen gegen Kurd*innen zu einem Risikofaktor für die Türkei, für die ganze Region, und
auch für Europa. Mit seinen fragwürdigen Alleingängen in den Konflikten in Syrien und im
Irak verschärft er die äußerst angespannte Lage in der Region noch zusätzlich.
Gegen jeglichen Putsch in der Türkei
Wir verurteilen den Putschversuch in der Türkei vom Juli 2016 auf das Schärfste. Die Nacht
des 15. Juli war für viele Menschen in der Türkei ein traumatisches Erlebnis. Viele fühlten
sich an vergangene Staatsstreiche erinnert, denen jeweils eine dunkle Zeit geprägt von
massiven Menschenrechtsverletzungen folgte und die die demokratische Entwicklung des Landes
jeweils um viele Jahre zurückwarfen. Vor diesem Hintergrund ist anzuerkennen, wie viele
Menschen, quer durch alle Schichten und politischen Lager, sich den Putschisten mutig
entgegen stellten. Die Vereitelung des Militärputsches ist insgesamt eine demokratische
Leistung, für die den Menschen in der Türkei unser Respekt gebührt. Dabei kam es leider auch
zu Gewalt und gar Fällen von Lynchjustiz, die dringend rechtsstaatlich aufgearbeitet werden
müssen. Eine Militärdiktatur hätte schlimmste Folgen für das Land gehabt.
Es war jedoch eine fatale Entscheidung der Regierung in Ankara, mit einem zivilen Gegen-
Putsch darauf zu antworten. Unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung wird seitdem die
Repression massiv erhöht. An die 170 Presseorgane wurden in den letzten Wochen verboten. In
den Kurdengebieten ist eine kritische Berichterstattung heimischer Medien so gut wie nicht
mehr möglich. Hunderte kritische Journalist*innen, Publizist*innen und Literat*innen wie
Asli Erdoğan oder die Brüder Altan wurden mit dem Vorwurf der Unterstützung einer
terroristischen Vereinigung festgenommen und sitzen nun in Gefängnissen ohne jeden
Rechtsbeistand fest. Auch Schulen und Universitäten sind von der Repression betroffen.
Staatspräsident Erdoğan hat nun freien Zugriff auf die Ernennung von
Universitätspräsident*innen.
In der Türkei gibt es aktuell ein Klima der Angst. Jede und jeder, der Kritik an der
Regierung oder dem Staatspräsidenten äußert, ist in Gefahr, verhaftet zu werden. Unter dem
Vorwand der Terrorismusbekämpfung können mittlerweile regierungskritische Äußerungen
jeglicher Art zu einer Verhaftung oder Entlassung aus dem Staatsdienst führen. Den
Ausnahmezustand nutzt die türkische Regierung, um auch gegen Richter*innen und
Staatsanwält*innen vorzugehen. Eine sehr bedrohliche Entwicklung ist die Bewaffnung von
Funktionären und Parteikadern der AKP, die in Notsituationen auch die regulären
Sicherheitskräfte ersetzen sollen. Damit ist eine weitere Radikalisierung und Zunahme der
Gewalt in der Türkei zu befürchten.
Auch die Entwicklung der allgemeinen Menschenrechtslage ist besorgniserregend. Amnesty
International und Human Rights Watch liefern zutiefst beunruhigende Berichte über die
Rückkehr der überwunden geglaubten Folter in türkischen Gefängnissen. Die Zahl der
Selbstmorde in den Gefängnissen hat dramatisch zugenommen. Rechtliche Schutzmaßnahmen gegen
Folter wie der Zugang zu Rechtsschutz werden beschnitten.
Die Ankündigung Erdoğans, das Parlament über die Einführung der Todesstrafe abstimmen zu
lassen, verurteilen wir aufs Schärfste. Sollte es tatsächlich zur Wiedereinführung der
Todesstrafe kommen, muss das zu einem sofortigen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen
führen. Auch die Mitgliedschaft im Europarat würde damit beendet werden müssen.
Leider hat die Bundesregierung viel zu lange weggeschaut und die massiven Missstände in der
Türkei ignoriert – und damit wichtige Einflussmöglichkeiten fahrlässig verspielt.
Es war ein riesiger Fehler der schwarz-gelben Koalition 2005, den damals hoffnungsvollen EU-
Beitrittsprozess durch die Debatte über eine „privilegierte Partnerschaft“ zu entwerten.
Damit wurden die demokratischen Entwicklungen in der Türkei ausgebremst statt gefördert,
demokratische und liberale Kräfte in der Türkei wurden enttäuscht statt ermuntert und die
Bundesregierung hat das wichtigste Instrument zur Einflussnahme geschwächt - den
Beitrittsprozess.
Die Bundesregierung muss jetzt entschieden handeln
Die Bundesregierung muss nun – im Einklang mit den europäischen Partner*innen – ein starkes
Signal an Ankara senden: Wir protestieren gegen die Abkehr von demokratischen und
rechtsstaatlichen Werten durch den EU-Beitrittskandidaten Türkei.Wenn wir in Deutschland und
der Europäischen Union jetzt nicht unsere Stimmen erheben, dann lassen wir nicht nur die
vielen mutigen Menschen in der Türkei, die weiterhin für ihre kritische Haltung offen
eintreten und damit sehr viel riskieren, im Stich. Wir beschädigen auch unsere
Glaubwürdigkeit als europäische Wertegemeinschaft.
Nach der Debatte über die „Privilegierte Partnerschaft“ ab 2005 war der Flüchtlings-Deal ein
weiterer Schlag ins Gesicht der Reformkräfte, und eine Unterstützung für den
Entdemokratisierungskurs Erdoğans. Das zögerliche Agieren der Bundesregierung sowie die
immer wiederkehrenden Drohungen von türkischer Seite gegenüber Europa belegen, wie
erpressbar sich die EU von Erdoğan gemacht hat. Das Abkommen mit der Türkei ist eine Folge
der Weigerung der EU, zu einer gemeinsamen solidarischen Lösung in der Flüchtlingskrise zu
kommen. Wir fordern daher eine eigenständige Antwort der EU auf die Flüchtlingsfrage. Diesen
EU-Türkei-Deal wollen wir beenden.
Die Türkei ist das größte Aufnahmeland von Flüchtlingen. Deshalb steht die EU in der
Pflicht, mit der Türkei in der Region zusammen zu arbeiten, um die Lage der3,1 Millionen
Flüchtlinge zu verbessern, die sich aktuell in der Türkei befinden.Wir fordern die
umfassende humanitäre und politische Unterstützung der EU für die Geflüchteten in der
Türkei. Die EU muss auf die Einhaltung ihrer Menschenrechte bestehen, ausreichend
finanzielle Hilfe leisten und sicherstellen, dass diese bei den Geflüchteten ankommt und
deren Lage effektiv verbessert. Dies beinhaltet auch eine viel stärkere Unterstützung
Griechenlands bei der Erstaufnahme und Versorgung von Geflüchteten. Es kann nicht sein, dass
wir in der EU der AKP-Regierung die volle Verantwortung für die Geflüchteten überlassen und
uns so vor der eigenen Verantwortung in der Flüchtlingspolitik wegducken. Einer Regierung,
welche die Menschenrechte mit Füßen tritt und deren gnadenlose Politik gerade dafür sorgt,
dass in der Türkei selbst neue Fluchtgründe entstehen. Wir fordern ein sofortiges Beenden
aller Abschiebungen in die Türkei.
Bereits 1963 wurde den Türk*innen die Visafreiheit in Aussicht gestellt. Durch die
Verknüpfung der Visa-Freiheit mit dem Flüchtlings-Deal werden die Bürger*innen der Türkei zu
Geiseln der Allmachtspolitik von Präsident Erdoğan gemacht. Dabei ist es gerade jetzt
wichtig, den Austausch zwischen der türkischen und der europäischen Gesellschaft zu
intensivieren, mehr Kanäle zu öffnen sowie die Ausreise aus der Türkei zu ermöglichen und
gleichzeitig auf die Erfüllung der EU-Bedingungen - der Veränderung der Anti-Terrorgesetze
und der Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien - zu bestehen. Darüber hinaus fordern wir,
politisch Verfolgte aus der Türkei in Deutschland großzügig aufzunehmen.
Da in der Türkei momentan eine kritische Berichterstattung kaum mehr möglich ist, wollen wir
auch den Zugang zu Informationen aus Europa unterstützen. Dafür sollte die Unterstützung
türkischsprachiger Medien, wie die türkischsprachigen Programme der Deutschen Welle oder von
Euronews ausgebaut werden. Wir fordern, türkische Journalist*innen, die sich in Europa
aufhalten, mit besonderen Programmen zu fördern.
Präsident Erdoğan arbeitet inzwischen gegen den EU-Beitritt seines Landes, weil seine
politischen Ziele und die Werte Demokratie, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und offene
Gesellschaften nicht miteinander kompatibel sind. Eine Mehrheit der türkischen Gesellschaft
möchte jedoch Demokratie und unterstützt den EU-Beitrittsprozess. Die EU-
Beitrittsverhandlungen jetzt komplett abzubrechen, würde das falsche Signal nach Ankara und
an die türkische Gesellschaft senden. De facto liegen die EU-Beitrittsverhandlungen bereits
auf Eis. Derzeit ist nicht vorstellbar, mit einer türkischen Regierung weiter zu verhandeln,
die auf allen Gebieten Rückschritte macht, wo es so dringend Fortschritte bräuchte. Dies zu
ändern, liegt bei der türkischen Regierung. Gleichzeitig dürfen wir aber auch nicht die
Falschen bestrafen. Die Zivilgesellschaft und die Opposition in der Türkei brauchen uns
jetzt mehr denn je. Für eine demokratische und weltoffene Türkei müssen die Türen zur EU
offen bleiben.
Wir verurteilen die am 10.11. erfolgte Verlängerung und Ausweitung der Syrieneinsätze der Bundeswehr von der Türkei aus. Die Beteiligung der Bundeswehr an allen Einsätzen in der Türkei ist umgehend zu beenden, auch und gerade bzgl. Aufklärung und Informationsweitergabe. Dies beinhaltet den Abzug der Bundeswehr aus Incirlik. Dessen Beendigung ist überfällig, wir haben diesen Einsatz immer schon kritisiert. Es ist außerdem inakzeptabel, dass erneut eine Besuchsanfrage eines Bundestagsabgeordneten auf dem Gelände in Incirlik von der Türkei blockiert wird. Weiterhin lehnen wir die Bundeswehrbeteiligung an den Awacs-Einsätzen ab. Daneben fordern wir den sofortigen Stopp aller Rüstungsexporte an die Türkei, solange die Türkei Krieg gegen die eigene Zivilbevölkerung im Südosten des Landes führt. Eine Fortsetzung der militärischen Zusammenarbeit bedeutet eine indirekte Unterstützung von illegitimen Verhaftungen, Folter und Gewalt.
Der Abzug der Bundeswehr aus Incirlik ist überfällig, wir haben diesen Einsatz immer schon
kritisiert. Es ist außerdem inakzeptabel, dass erneut eine Besuchsanfrage eines
Bundestagsabgeordneten auf dem Gelände in Incirlik von der Türkei blockiert wird. Daneben
fordern wir den sofortigen Stopp aller Rüstungsexporte an die Türkei, solange die Türkei
Krieg gegen die eigene Zivilbevölkerung im Südosten des Landes führt.
.
Weitere Antragsteller*innen
- Norbert Dick (KV Schleswig-Flensburg)
- Regina Klünder (KV Kiel)
- Klemens Griesehop (KV Pankow)
- Horst Schiermeyer (KV Görlitz)
- Ingrid Bäumler (KV Mayen-Koblenz)
- Ines Advena (KV Münster)
- Ulrich Bock (KV MYK)
- Simon Lissner (KV Limburg-Weilburg)
- Ralf Henze (KV Odenwald-Kraichgau)
- Claudia Laux (KV Bernkastel-Wittlich)
- F. Lothar Winkelhoch (KV Gummersbach)
- Bettina Soltau (KV Märkisch Oderland)
- Uller Koenig (KV Vulkaneifel)
- Peter Kallusek (KV SÜW)
- Susanne Schröer (KV Landau)
- Herbert Divossen (KV Vulkaneifel)
- Andrea Piro (KV Rhein-Sieg)
- Lisa Bröskamp (KV Neuwied)
- Uwe Bröskamp (KV Neuwied)
Von Zeile 174 bis 180:
jetzt mehr denn je. Für eine demokratische und weltoffene Türkei müssen die Türen zur EU offen bleiben.
Wir verurteilen die am 10.11. erfolgte Verlängerung und Ausweitung der Syrieneinsätze der Bundeswehr von der Türkei aus. Die Beteiligung der Bundeswehr an allen Einsätzen in der Türkei ist umgehend zu beenden, auch und gerade bzgl. Aufklärung und Informationsweitergabe. Dies beinhaltet den Abzug der Bundeswehr aus Incirlik. Dessen Beendigung ist überfällig, wir haben diesen Einsatz immer schon kritisiert. Es ist außerdem inakzeptabel, dass erneut eine Besuchsanfrage eines Bundestagsabgeordneten auf dem Gelände in Incirlik von der Türkei blockiert wird. Weiterhin lehnen wir die Bundeswehrbeteiligung an den Awacs-Einsätzen ab. Daneben fordern wir den sofortigen Stopp aller Rüstungsexporte an die Türkei, solange die Türkei Krieg gegen die eigene Zivilbevölkerung im Südosten des Landes führt. Eine Fortsetzung der militärischen Zusammenarbeit bedeutet eine indirekte Unterstützung von illegitimen Verhaftungen, Folter und Gewalt.
Der Abzug der Bundeswehr aus Incirlik ist überfällig, wir haben diesen Einsatz immer schon kritisiert. Es ist außerdem inakzeptabel, dass erneut eine Besuchsanfrage eines Bundestagsabgeordneten auf dem Gelände in Incirlik von der Türkei blockiert wird. Daneben fordern wir den sofortigen Stopp aller Rüstungsexporte an die Türkei, solange die Türkei Krieg gegen die eigene Zivilbevölkerung im Südosten des Landes führt.
.Die neuen und verschärften Verhaftungen und Massenentlassungen in der Türkei vergangene
Woche schockieren und besorgen uns zutiefst. Sie sind ein weiterer trauriger Höhepunkt der
seit längerem andauernden Aushöhlung von Rechtsstaat, Demokratie und gesellschaftlichem
Frieden in der Türkei durch Präsident Erdoğan und die türkische Regierung.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen fest an der Seite derjenigen in der Türkei, die für Demokratie,
Rechtsstaatlichkeit und Weltoffenheit eintreten. Wir kritisieren die jüngsten Verhaftungen
von Journalist*innen der Cumhurriyet und zahlreicher HDP-Abgeordneter inklusive der
Vorsitzenden dieser demokratischen Oppositionspartei aufs aller Schärfste. Auch die
Europäische Union und vor allem die Bundesregierung müssen das Vorgehen Erdoğans endlich
klar kritisieren und darauf scharf reagieren.
Für uns GRÜNE ist die türkische Gesellschaft Teil der europäischen Gesellschaft. Die Türkei
und Europa verbindet viel mehr als uns trennt. Allein in Deutschland leben fast drei
Millionen türkeistämmige Menschen. Millionen Deutsche haben Freund*innen in der Türkei und
verbringen dort regelmäßig ihren Urlaub, 5,5 Millionen allein in 2015. Die gegenseitige
Berichterstattung ist intensiv und die wirtschaftlichen Beziehungen sind durch die Zollunion
tief verankert. Und auch in den Bereichen Kultur, Bildung und Wissenschaft gibt es
zahlreiche und wertvolle Kooperationen. Die Wirtschaftsleistung sowohl der EU als auch der
Türkei hat in den vergangenen Jahrzehnten auch aufgrund der engen Beziehungen stark
zugenommen.
Aber diese Beziehungen zwischen der Türkei und der EU haben in den vergangenen Jahren
dramatisch gelitten. Immer weiter hat die Türkei in dieser Zeit den Pfad von
Rechtsstaatlichkeit und Demokratie verlassen. Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan
beschneidet massiv Demokratie und Rechtsstaatlichkeit des Landes. Die Türkei unter Erdoğan
wandelt sich zur Diktatur. Auch für uns in Europa hat die Krise in der Türkei direkte
Auswirkungen.
In der ersten Novemberwoche 2016 erreichte die Repressionswelle gegenüber Andersdenkenden in
der Türkei eine neue Dimension: Insbesondere die Verhaftung von 13 Journalist*innen der
regierungskritischen Tageszeitung „Cumhuriyet“ in der Nacht vom 3. auf den 4. November 2016
stellt einen traurigen Höhepunkt für die seitens der türkischen Regierung betriebene
Aushebelung der Pressefreiheit dar. Die nur wenige Tage darauf erfolgte Verhaftung von elf
Abgeordneten der Oppositionspartei HDP, darunter der beiden Ko-Vorsitzenden Figen Yüksekdağ
und Selahattin Demirtaş, ist ein Schlag gegen den demokratischen und pluralistischen
Parlamentarismus in der Türkei, der religiösen und ethnischen Minderheiten eine Stimme und
gleichberechtigte Teilhabe gibt. Die demokratisch legitimierte AKP-Regierung schafft so die
Demokratie in der Türkei ab. Durch ein zunehmendes Aushebeln rechtsstaatlicher Strukturen
gibt es immer weniger eine unabhängige Justiz und freie Presse, die dieser Entwicklung nun
Einhalt bieten könnten. Die AKP-Regierung und Staatspräsident Erdoğan verwandeln die Politik
des Landes mehr und mehr in eine Willkür der Mehrheit gegenüber Minderheiten und kritischen
Stimmen.
Wir dürfen die gegenwärtige Stimmungsmache türkischer Regierungsmitglieder nicht
unbeantwortet lassen. Unsere Antworten werden deutlich, jedoch sachlich und konstruktiv
sein. Alle, die in Deutschland für oder gegen Erdoğan auf die Straße gehen, müssen ihre
Proteste friedlich gestalten. Die tiefe Spaltung der türkischen Gesellschaft darf aber nicht
das friedliche und tolerante Zusammenleben in Deutschland und Europa gefährden.
Für eine friedliche Lösung mit den Kurd*innen
Selahattin Demirtaş steht stellvertretend für viele andere für eine friedliche und
politische Lösung der Kurdenfrage in der Türkei. Wir Grüne haben die HDP bei den
Parlamentswahlen im Juni 2015 und November 2015 unterstützt. Sie hat es geschafft, ein
breites Bündnis progressiver und liberaler Kräfte in der Türkei, weit über das kurdische
Spektrum hinaus, hinter sich zu versammeln. Wir fordern die sofortige Freilassung von
Selahattin Demirtaş, Figen Yüksekdağ, aller festgenommenen HDP-Abgeordneten sowie der
festgenommenen Journalist*innen. Darüber hinaus muss es für alle Menschen, die im Nachgang
des gescheiterten Putschversuchs verhaftet, von ihren Arbeitsstellen entfernt oder in
anderer Form politisch verfolgt und sanktioniert wurden, sofort einen Zugang zu
rechtsstaatlichen Verfahren geben.
Seit dem Wahlerfolg der HDP bei den Parlamentswahlen im Juni 2015 und der Aufkündigung des
Friedensprozesses in den kurdischen Gebieten einen Monat später hat die Repression gegenüber
kritischen Stimmen massiv zugenommen. Die kurdischen Gebiete sind besonders stark davon
betroffen. Der Bürgerkrieg führte zur Zerstörung mehrerer Städte, wie der historischen
Altstadt von Diyarbakir. Mehrere hundert Menschen wurden getötet, hunderttausende Menschen
sahen keinen anderen Ausweg, als ihre Heimat zu verlassen. Präsident Erdoğan, dem die EU mit
dem Flüchtlings-Deal das Schicksal von über zwei Millionen Flüchtlingen überlässt, schafft
in seinem eigenen Land damit neue Fluchtursachen.
Klar ist, wir GRÜNE verurteilen jede Form der Gewalt und Eskalation im innertürkischen
Konflikt. Die PKK hat mit furchtbaren Terroranschlägen zur Eskalation beigetragen. Mit dem
Ausschalten der friedlichen Opposition und einer freien Medienberichterstattung in den
kurdischen Gebieten spielt Erdoğan jedoch der PKK in die Hände und trägt seinerseits zur
Eskalation bei. Es darf nicht zur Ausweitung des Bürgerkriegs auf andere Gegenden der Türkei
kommen. Beide Seiten müssen sofort die Waffen ruhen lassen und an den Verhandlungstisch
zurückkehren. Es kann nur eine friedliche und politische Lösung der Kurdenfrage geben.
Präsident Erdoğan wird mit seiner extrem repressiven Politik und seinem militärischen
Vorgehen gegen Kurd*innen zu einem Risikofaktor für die Türkei, für die ganze Region, und
auch für Europa. Mit seinen fragwürdigen Alleingängen in den Konflikten in Syrien und im
Irak verschärft er die äußerst angespannte Lage in der Region noch zusätzlich.
Gegen jeglichen Putsch in der Türkei
Wir verurteilen den Putschversuch in der Türkei vom Juli 2016 auf das Schärfste. Die Nacht
des 15. Juli war für viele Menschen in der Türkei ein traumatisches Erlebnis. Viele fühlten
sich an vergangene Staatsstreiche erinnert, denen jeweils eine dunkle Zeit geprägt von
massiven Menschenrechtsverletzungen folgte und die die demokratische Entwicklung des Landes
jeweils um viele Jahre zurückwarfen. Vor diesem Hintergrund ist anzuerkennen, wie viele
Menschen, quer durch alle Schichten und politischen Lager, sich den Putschisten mutig
entgegen stellten. Die Vereitelung des Militärputsches ist insgesamt eine demokratische
Leistung, für die den Menschen in der Türkei unser Respekt gebührt. Dabei kam es leider auch
zu Gewalt und gar Fällen von Lynchjustiz, die dringend rechtsstaatlich aufgearbeitet werden
müssen. Eine Militärdiktatur hätte schlimmste Folgen für das Land gehabt.
Es war jedoch eine fatale Entscheidung der Regierung in Ankara, mit einem zivilen Gegen-
Putsch darauf zu antworten. Unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung wird seitdem die
Repression massiv erhöht. An die 170 Presseorgane wurden in den letzten Wochen verboten. In
den Kurdengebieten ist eine kritische Berichterstattung heimischer Medien so gut wie nicht
mehr möglich. Hunderte kritische Journalist*innen, Publizist*innen und Literat*innen wie
Asli Erdoğan oder die Brüder Altan wurden mit dem Vorwurf der Unterstützung einer
terroristischen Vereinigung festgenommen und sitzen nun in Gefängnissen ohne jeden
Rechtsbeistand fest. Auch Schulen und Universitäten sind von der Repression betroffen.
Staatspräsident Erdoğan hat nun freien Zugriff auf die Ernennung von
Universitätspräsident*innen.
In der Türkei gibt es aktuell ein Klima der Angst. Jede und jeder, der Kritik an der
Regierung oder dem Staatspräsidenten äußert, ist in Gefahr, verhaftet zu werden. Unter dem
Vorwand der Terrorismusbekämpfung können mittlerweile regierungskritische Äußerungen
jeglicher Art zu einer Verhaftung oder Entlassung aus dem Staatsdienst führen. Den
Ausnahmezustand nutzt die türkische Regierung, um auch gegen Richter*innen und
Staatsanwält*innen vorzugehen. Eine sehr bedrohliche Entwicklung ist die Bewaffnung von
Funktionären und Parteikadern der AKP, die in Notsituationen auch die regulären
Sicherheitskräfte ersetzen sollen. Damit ist eine weitere Radikalisierung und Zunahme der
Gewalt in der Türkei zu befürchten.
Auch die Entwicklung der allgemeinen Menschenrechtslage ist besorgniserregend. Amnesty
International und Human Rights Watch liefern zutiefst beunruhigende Berichte über die
Rückkehr der überwunden geglaubten Folter in türkischen Gefängnissen. Die Zahl der
Selbstmorde in den Gefängnissen hat dramatisch zugenommen. Rechtliche Schutzmaßnahmen gegen
Folter wie der Zugang zu Rechtsschutz werden beschnitten.
Die Ankündigung Erdoğans, das Parlament über die Einführung der Todesstrafe abstimmen zu
lassen, verurteilen wir aufs Schärfste. Sollte es tatsächlich zur Wiedereinführung der
Todesstrafe kommen, muss das zu einem sofortigen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen
führen. Auch die Mitgliedschaft im Europarat würde damit beendet werden müssen.
Leider hat die Bundesregierung viel zu lange weggeschaut und die massiven Missstände in der
Türkei ignoriert – und damit wichtige Einflussmöglichkeiten fahrlässig verspielt.
Es war ein riesiger Fehler der schwarz-gelben Koalition 2005, den damals hoffnungsvollen EU-
Beitrittsprozess durch die Debatte über eine „privilegierte Partnerschaft“ zu entwerten.
Damit wurden die demokratischen Entwicklungen in der Türkei ausgebremst statt gefördert,
demokratische und liberale Kräfte in der Türkei wurden enttäuscht statt ermuntert und die
Bundesregierung hat das wichtigste Instrument zur Einflussnahme geschwächt - den
Beitrittsprozess.
Die Bundesregierung muss jetzt entschieden handeln
Die Bundesregierung muss nun – im Einklang mit den europäischen Partner*innen – ein starkes
Signal an Ankara senden: Wir protestieren gegen die Abkehr von demokratischen und
rechtsstaatlichen Werten durch den EU-Beitrittskandidaten Türkei.Wenn wir in Deutschland und
der Europäischen Union jetzt nicht unsere Stimmen erheben, dann lassen wir nicht nur die
vielen mutigen Menschen in der Türkei, die weiterhin für ihre kritische Haltung offen
eintreten und damit sehr viel riskieren, im Stich. Wir beschädigen auch unsere
Glaubwürdigkeit als europäische Wertegemeinschaft.
Nach der Debatte über die „Privilegierte Partnerschaft“ ab 2005 war der Flüchtlings-Deal ein
weiterer Schlag ins Gesicht der Reformkräfte, und eine Unterstützung für den
Entdemokratisierungskurs Erdoğans. Das zögerliche Agieren der Bundesregierung sowie die
immer wiederkehrenden Drohungen von türkischer Seite gegenüber Europa belegen, wie
erpressbar sich die EU von Erdoğan gemacht hat. Das Abkommen mit der Türkei ist eine Folge
der Weigerung der EU, zu einer gemeinsamen solidarischen Lösung in der Flüchtlingskrise zu
kommen. Wir fordern daher eine eigenständige Antwort der EU auf die Flüchtlingsfrage. Diesen
EU-Türkei-Deal wollen wir beenden.
Die Türkei ist das größte Aufnahmeland von Flüchtlingen. Deshalb steht die EU in der
Pflicht, mit der Türkei in der Region zusammen zu arbeiten, um die Lage der3,1 Millionen
Flüchtlinge zu verbessern, die sich aktuell in der Türkei befinden.Wir fordern die
umfassende humanitäre und politische Unterstützung der EU für die Geflüchteten in der
Türkei. Die EU muss auf die Einhaltung ihrer Menschenrechte bestehen, ausreichend
finanzielle Hilfe leisten und sicherstellen, dass diese bei den Geflüchteten ankommt und
deren Lage effektiv verbessert. Dies beinhaltet auch eine viel stärkere Unterstützung
Griechenlands bei der Erstaufnahme und Versorgung von Geflüchteten. Es kann nicht sein, dass
wir in der EU der AKP-Regierung die volle Verantwortung für die Geflüchteten überlassen und
uns so vor der eigenen Verantwortung in der Flüchtlingspolitik wegducken. Einer Regierung,
welche die Menschenrechte mit Füßen tritt und deren gnadenlose Politik gerade dafür sorgt,
dass in der Türkei selbst neue Fluchtgründe entstehen. Wir fordern ein sofortiges Beenden
aller Abschiebungen in die Türkei.
Bereits 1963 wurde den Türk*innen die Visafreiheit in Aussicht gestellt. Durch die
Verknüpfung der Visa-Freiheit mit dem Flüchtlings-Deal werden die Bürger*innen der Türkei zu
Geiseln der Allmachtspolitik von Präsident Erdoğan gemacht. Dabei ist es gerade jetzt
wichtig, den Austausch zwischen der türkischen und der europäischen Gesellschaft zu
intensivieren, mehr Kanäle zu öffnen sowie die Ausreise aus der Türkei zu ermöglichen und
gleichzeitig auf die Erfüllung der EU-Bedingungen - der Veränderung der Anti-Terrorgesetze
und der Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien - zu bestehen. Darüber hinaus fordern wir,
politisch Verfolgte aus der Türkei in Deutschland großzügig aufzunehmen.
Da in der Türkei momentan eine kritische Berichterstattung kaum mehr möglich ist, wollen wir
auch den Zugang zu Informationen aus Europa unterstützen. Dafür sollte die Unterstützung
türkischsprachiger Medien, wie die türkischsprachigen Programme der Deutschen Welle oder von
Euronews ausgebaut werden. Wir fordern, türkische Journalist*innen, die sich in Europa
aufhalten, mit besonderen Programmen zu fördern.
Präsident Erdoğan arbeitet inzwischen gegen den EU-Beitritt seines Landes, weil seine
politischen Ziele und die Werte Demokratie, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und offene
Gesellschaften nicht miteinander kompatibel sind. Eine Mehrheit der türkischen Gesellschaft
möchte jedoch Demokratie und unterstützt den EU-Beitrittsprozess. Die EU-
Beitrittsverhandlungen jetzt komplett abzubrechen, würde das falsche Signal nach Ankara und
an die türkische Gesellschaft senden. De facto liegen die EU-Beitrittsverhandlungen bereits
auf Eis. Derzeit ist nicht vorstellbar, mit einer türkischen Regierung weiter zu verhandeln,
die auf allen Gebieten Rückschritte macht, wo es so dringend Fortschritte bräuchte. Dies zu
ändern, liegt bei der türkischen Regierung. Gleichzeitig dürfen wir aber auch nicht die
Falschen bestrafen. Die Zivilgesellschaft und die Opposition in der Türkei brauchen uns
jetzt mehr denn je. Für eine demokratische und weltoffene Türkei müssen die Türen zur EU
offen bleiben.
Wir verurteilen die am 10.11. erfolgte Verlängerung und Ausweitung der Syrieneinsätze der Bundeswehr von der Türkei aus. Die Beteiligung der Bundeswehr an allen Einsätzen in der Türkei ist umgehend zu beenden, auch und gerade bzgl. Aufklärung und Informationsweitergabe. Dies beinhaltet den Abzug der Bundeswehr aus Incirlik. Dessen Beendigung ist überfällig, wir haben diesen Einsatz immer schon kritisiert. Es ist außerdem inakzeptabel, dass erneut eine Besuchsanfrage eines Bundestagsabgeordneten auf dem Gelände in Incirlik von der Türkei blockiert wird. Weiterhin lehnen wir die Bundeswehrbeteiligung an den Awacs-Einsätzen ab. Daneben fordern wir den sofortigen Stopp aller Rüstungsexporte an die Türkei, solange die Türkei Krieg gegen die eigene Zivilbevölkerung im Südosten des Landes führt. Eine Fortsetzung der militärischen Zusammenarbeit bedeutet eine indirekte Unterstützung von illegitimen Verhaftungen, Folter und Gewalt.
Der Abzug der Bundeswehr aus Incirlik ist überfällig, wir haben diesen Einsatz immer schon
kritisiert. Es ist außerdem inakzeptabel, dass erneut eine Besuchsanfrage eines
Bundestagsabgeordneten auf dem Gelände in Incirlik von der Türkei blockiert wird. Daneben
fordern wir den sofortigen Stopp aller Rüstungsexporte an die Türkei, solange die Türkei
Krieg gegen die eigene Zivilbevölkerung im Südosten des Landes führt.
Weitere Antragsteller*innen
- Norbert Dick (KV Schleswig-Flensburg)
- Regina Klünder (KV Kiel)
- Klemens Griesehop (KV Pankow)
- Horst Schiermeyer (KV Görlitz)
- Ingrid Bäumler (KV Mayen-Koblenz)
- Ines Advena (KV Münster)
- Ulrich Bock (KV MYK)
- Simon Lissner (KV Limburg-Weilburg)
- Ralf Henze (KV Odenwald-Kraichgau)
- Claudia Laux (KV Bernkastel-Wittlich)
- F. Lothar Winkelhoch (KV Gummersbach)
- Bettina Soltau (KV Märkisch Oderland)
- Uller Koenig (KV Vulkaneifel)
- Peter Kallusek (KV SÜW)
- Susanne Schröer (KV Landau)
- Herbert Divossen (KV Vulkaneifel)
- Andrea Piro (KV Rhein-Sieg)
- Lisa Bröskamp (KV Neuwied)
- Uwe Bröskamp (KV Neuwied)
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