Veranstaltung: | 40. Ordentliche Bundesdelegiertenkonferenz |
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Tagesordnungspunkt: | RW Religions- und Weltanschauungsfreiheit |
Antragsteller*in: | Werner Hager (KV Rheinisch-Bergischer Kreis) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 29.09.2016, 22:58 |
RW-03 (vormals V-27): Den Umgang des Staates mit der Zivilgesellschaft nach demokratischen und säkularen Kriterien ausrichten
Antragstext
Religionsgemeinschaften sind Teile der Zivilgesellschaft, in der sich neben Parteien und
Gewerkschaften eine demokratische Kultur entwickeln kann.
Insofern begrüßen wir es, wenn Zivilgesellschaft - und damit auch Religionsgemeinschaften -
demokratisch verfasst sind und sich Menschen freiwillig zusammenschließen und so praktisch
ein Teil eines demokratischen Gemeinwesens, einer Gesellschaft, werden. Zu einer
demokratischen Organisation gehört auch, dass eine solche sich aus eigenen Mitteln
finanziert. Dies schließt nicht aus, dass Mittel der öffentlichen Hand einzelne politisch
erwünschte Projekte unterstützen und die Tätigkeit gemeinnütziger Organisationen unterstützt
wird. Ein Kriterium für Gemeinnützigkeit sollte jedoch die Förderung einer demokratischen
Kultur sein.
Der innere demokratische Aufbau ist zwar kein notwendiges Kriterium dafür, dass diese einen
demokratischen Aufbau der Gesellschaft befürworten, aber ein starkes Indiz. Sie
unterscheiden sich hierbei nicht von anderen Teilen der Zivilgesellschaft, die nicht
unbedingt demokratisch konstituiert sind.
Es ist nicht nur konfessionsfreien Menschen, sondern auch säkular gesinnten Menschen mit
einem religiösen Bekennnis nicht erklärbar, warum Religion und Kirchen qua Existenz für den
Staat förderwürdig sind. Es ist unverständlich, warum Religionsgemeinschaften und
Religionsgesellschaften von einer weltlichen Instanz anders behandelt werden als andere
juristische Personen der Zivilgesellschaft. Warum haben diese ein eigenes Steuerrecht, wenn
Parteien und Gewerkschaften sich bemühen müssen, mit schlechter Zahlungsmoral ihrer
Mitglieder umzugehen? Hier kann die Forderung nur sein, zukünftig Kirchen und andere
gesellschaftlich wesentliche Akteuren gleich zu behandeln. Die bisherige Forderung, nur
Religions- und die ähnlich schwer festzumachenden Weltanschauungsgemeinschaften gleich zu
behandeln, führt nur in weitere Widersprüche und Grundrechtseinschränkungen.
Ein formales Kriterium, einige Teile der Zivilgesellschaft anders zu behandeln als andere,
obwohl beide die für einen zukünftig hoffentlich religiös neutralen Staat dieselbe Funktion
erfüllen, kann der innere demokratische Aufbau sein. Denn dieser sagt tatsächlich etwas
darüber aus, ob Demokratie praktisch eingeübt wird.
Ein inhaltliches Kriterium kann das Verhältnis zum Humanismus und etwas abgeschwächt
zumindest zur Menschenwürdeformulierung sein, auf der das Grundgesetz und das europäische
Selbstverständnis aufbauen.
Begründung
Die Forderung nach einer Säkularisierung führt üblicherweise zum Vorwurf der Kirchen- oder Religionsfeindlichkeit. Dabei werden Religion- und Kirchen gar nicht angegriffen, einige Kirchen sind sogar demokratisch verfasst. Angegriffen wird jedoch eine Position, die ihren antirepublikanischen und antiliberalen Kern mit Religion verwechselt. Eine Position, die sich keinesfalls auf den Verfassungsrechtler Böckenförde beziehen kann, der ihre Vermengung von Kirchen und Staat als totalitär bezeichnet hätte, da sie gerade das für ihn freiheitsstiftende Moment der Unterscheidung nicht denken kann oder will.
Diese politische Kultur, die es ablehnt, Politik vom Freiheitsbegriff her zu denken, gehört endlich beendet.
Obwohl es rechtlich schwierig sein wird, Selbstorganisation zu fördern, kann dennoch der Grundsatz formuliert werden, nicht demokratisch verfasste Organisationen nicht besser zu stellen als demokratische Organisationen. Über den Bereich der Zivilgesellschaft hinaus wollen wir ja auch, dass der Staat genossenschaftliche Organisationsformen fördert.
Weitere Antragsteller*innen
- Andreas Kirchgessner (KV Fürstenfeldbruck)
- Martin Conen (KV Aachen)
- Ingrid Bäumler (KV Mayen-Koblenz)
- Lukas Schneider (KV Gelsenkirchen)
- Karl-Heinz Karch (KV Hamburg-Mitte)
- Anna Mebs (KV Kitzingen)
- Dirk Weber (KV Rheinisch-Bergischer Kreis)
- Marcus Lamprecht (KV Viersen)
- Christoph Solzenberger (KV Heinsberg)
- Silvia Stolzenberger (KV Heinsberg)
- Ruth Birkle (KV Karlsruhe-Land)
- Ralf Henze (KV Odenwald-Kraichgau)
- Karl-Wilhelm Koch (KV Vulkaneifel)
- Peter Dahlhaus (KV Köln)
- Monika Maier-Kuhn (KV Kurpfalz-Hardt)
- Doris Rehme (KV Rheinisch-Bergischer Kreis)
- Gisela Weih (KV Solingen)
- Ulli Ehren (KV Rheinisch-Bergischer Kreis)
- Andrea Schwarz (KV Karlsruhe-Land)
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