Veranstaltung: | 40. Ordentliche Bundesdelegiertenkonferenz |
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Tagesordnungspunkt: | T Tagesordnung und Formalia |
Antragsteller*in: | Sava Stomporowski (KV Bonn) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 30.09.2016, 12:57 |
T-01/01: Änderung Tagesordnung: TOP Syrien-Krieg
Antragstext
Die Partei Bündnis90/DIE Grünen möge einen Tagesordnungspunkt zum Syrien-Krieg einrichten
und unter diesem beschließen, dass die Bundesregierung ihren Einfluss darauf ausübt, dass
weder wir noch unsere Verbündete islamistische Kampfgruppen im Syrien-Krieg unterstützen:
weder durch eine militärische Ausbildung, Waffenlieferungen, Fahrzeuge oder andere
Hilfsmittel.
Begründung
Der Krieg in Syrien ist einer der verheerendsten aktuellen Konfliktherde der Welt. Es ist ein Stellvertreterkrieg mit mehreren beteiligten Regionalmächten. Dabei besteht die Gefahr einer Eskalation und direkten Konfrontation zwischen der Türkei sowie Saudi Arabien gegen Russland, aber auch zwischen Iran und Saudi-Arabien.
Die jahrelange Bewaffnung hat in keiner Weise zur Lösung des Konflikts beigetragen. Im Gegenteil, es lässt sich nicht ausschließen, dass Waffen in die Hände von religiösen Extremisten gelangt und wir damit die Konflikte ungewollt weiter verschärft haben. Es kann nur eine nichtmilitärische Lösung geben. Die sollten wir befördern und sämtliche militärische Unterstützung beenden. Der Westen stellt Ausbilder und schickt Waffen an angeblich demokratische Aufständische in Syrien. Viele dieser Kämpfer sind mit modernsten und schweren Waffen ausgestattet, die über die Golfstaaten und die Türkei-Route an angeblich moderate Gruppen geliefert werden. Es hat sich schon früher gezeigt, dass diese Kämpfer ihre nagelneuen Fahrzeuge und Kriegsgerätschaften den radikalislamischen Terroristen überließen.
Es ist bekannt, dass die Kämpfer scharenweise zum „IS“ oder der Nusra-Front überliefen. Die Al-Nusra-Front ist neben dem Islamischen Staat (IS) die größte Dschihadistenmiliz in Syrien und ein Arm der Al-Kaida. Die Al-Nusra-Front hat sich in Fateh-al-Scham-Front (Front für die Eroberung Syriens) umbenannt. Andere, als moderat geltende Rebellen, haben sich mit dieser Gruppierung vereinigt, wie die von Saudi-Arabien gestützte Ahrar al-Sham. Weitere, angeblich moderat geltende Gruppen, wie z.B. Noureddine Zengi, Suqour Sham sind Mitglieder dieser islamistischen Kampfgruppe geworden. Die neue Namensgebung soll jedoch nicht davon ablenken, dass es sich weiterhin um islamistische Krieger und eine Terrororganisation handelt.
Die Bekämpfung der Nusra-Front wurde von der Waffenruhe ausgenommen. Russland hat u.a. von den USA immer wieder gefordert, dass sich die moderaten Gruppierungen von der Nusra-Front/Fateh-al-Scham lossagen. Washington und Moskau hatten sich sogar darauf verständigt, in Syrien gemeinsam gegen die IS-Miliz und die Al-Nusra-Front vorzugehen.
Seit Februar, der ersten vereinbarten Waffenruhe, ist das nicht geschehen. Stattdessen erfolgten sukzessive Zusammenschlüsse unter diesem „Label“. Man fragt sich, ob die USA überhaupt noch Einfluss auf die Gruppierungen hat oder ob sie ihren Einfluss nicht ausüben will.
Über Presseberichte ist bekannt, dass die USA einen Plan B erwägen: Obwohl die USA die Nusra-Front als islamistische Terrororganisation betrachtet, existieren Überlegungen über Saudi-Arabien Manpads an diese islamistisch-terroristische nunmehr umbenannte Fatah-al-Sham auszuliefern. Diese Waffen können Flugzeuge abschießen. Die Gefahr, dass sie in die Hände des „IS“ geraten oder die Al-Kaida-Kämpfer diese Waffe gegen westliche Zivilflugzeuge einsetzen, ist nicht ausschließbar.
Durch die Bewaffnung islamistischer Kämpfer unterstützen wir, als westliches Bündnis, ihr Ziel: sie wollen einen islamistischen Terrorstaat gründen. Wir, die westlichen Staaten, die Demokratien und Vertreter*innen von Parteien, bürgerlichen sowie zivilen Einrichtungen und Kirchen, wir als Bündnis90/Die Grünen, müssen uns fragen, ob ein islamistischer Terrorstaat im Sinne unserer politischen Ziele und mit unseren Haltungen vereinbar ist. Das gut gemeinte ist oftmals Feind des Guten. Heute beklagen wir schätzungsweise 300.000 - 400.000 Tote in Syrien.
Der Westen zerstörte im Nahen und Mittleren Osten die diktatorischen, jedoch halbwegs säkularen Ordnungen im Irak, in Libyen oder Syrien. Zwar haben wir uns als Partei Bündnis90/Die Grünen mit unserem damaligen Außenminister Joschka Fischer noch gegen den Irak-Krieg ausgesprochen. Dennoch haben wir nichts daraus gelernt. Nach Irak und Libyen richten wir das gleiche Chaos in Syrien an. Trotz bester Absichten versinken die Einwohner in Willkür, Schutzlosigkeit, Not und Elend. Die funktionierenden nationalen Ökonomien, Schul- und Gesundheitssysteme sind zusammengebrochen und zerstören einmaliges Kulturgut. Opfer sind aber vor allem die Minderheiten, Kinder und Frauen. Aber auch die Männer werden aus Mangel an Arbeit und Geld in den islamistischen Kampf getrieben, weil sie dort ein Gehalt bekommen, um davon ihre Familie zu ernähren.
Aus diesen Gründen dürfen wir nicht islamistisch-terroristische Gruppierungen unterstützen und müssen eine politische Lösung am Verhandlungstisch fordern.
Weitere Antragsteller*innen
- Michael Hoffmeier (KV Eichsfeld)
- Zsuzsa Bona (KV Köln)
- Jutta Brodhäcker (KV Bonn)
- Annette Muggenthaler (KV Karlsruhe)
- Björn Ziemann (KV Lüneburg)
- Bettina Soltau (KV Märkisch Oderland)
- Alexandra Geese (KV Bonn)
- Anja Lamodke (KV Bonn)
- Dorothea Schmitz (KV Bonn)
- Edgar Muschketat (KV Bonn)
- Antje Wassmann (KV Bonn)
- Yusuf Uzundag (KV Hamburg-Altona)
- Stephan Falk (KV Bittburg/Prüm)
- Silvia Halusiak (KV Mettmann)
- Paul Nellen (KV Hamburg-Mitte)
- Thomas Volkmar Worm (KV Hamburg-Mitte)
- Dagmar Gollers (OV Gellersen)
- Corinna Dahmen (KV Bonn)
- Dr. Anıl Kaputanoğlu (KV Hamburg Nord)
Änderungsanträge
- T-01/01-001 (Lino Klevesath (KV Göttingen), Eingereicht)
Kommentare
Hasan Eker:
Den Terror nur auf islamistische Gruppierungen zu beziehen (zu beschränken!) ist leider nicht akzeptabel!!!
Was machen wir mit dem rechts-, links-, und dem allgegenwärtigen Naziterror und deren Haupt- und Untergruppierungen?