Variante 1, die die Wiederbelebung der Vermögensteuer anstrebt, sollte ersatzlos gestrichen werden, weil diese Steuerart nicht zu mehr Gerechtigkeit beiträgt sondern neue Ungerechtigkeiten schafft.
Die Einführung der Vermögensteuer benachteiligt die Selbstständigen in unserer Gesellschaft. Dazu gehören nicht nur die Einzelunternehmen sondern auch alle Gesellschafter*innen von Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften, die in den Gesellschaften, an denen sie beteiligt sind gleichzeitig tätig bzw. angestellt sind. In Deutschland gab es in 2013 in etwa 3,3 Mio. Einzelunternehmen und Gesellschaften mit bis zu 9 Mitarbeiter*innen, 268.000 Unternehmen mit bis zu 49 Mitarbeiter*innen sowie weitere 58.000 Unternehmen mit bis zu 249 Mitarbeiter*innen. Die meisten dieser mittelständischen Unternehmer*innen/Gesellschafter*innen bauen sich ihre Altersversorgung durch selbst geschaffenes Betriebsvermögen sowie durch andere Vermögenswerte, wie z.B. Immobilien- und/oder Finanzanlagen auf. Mit einer wie unter Variante 1 angedachten Vermögensteuer würde eine Vielzahl von Unternehmer*innen vermögensteuerpflichtig. Denn der Vermögensaufbau für die Altersversorgung wird von ihrem Gesamtvermögen nicht zum Abzug gebracht. Die in Variante 1 angedachte Steuerfreistellung von privatem Vorsorgevermögen umfasst das Betriebs-, Immobilien- und die meisten Finanzanlagevermögen nicht.
Bei der Bewertung des Betriebsvermögens wird es mit der Finanzverwaltung zu ständigen Auseinandersetzungen bezüglich des Bewertungsansatzes kommen. Die in ständiger Praxis von der Finanzverwaltung anerkannten Bewertungsverfahren führen zu unrealistisch hohen und am Markt nicht erzielbaren Vermögenswerten. Nur diejenigen Unternehmer*innen, die sich „pfiffige“ Berater erlauben können, können sich gegenüber der Finanzverwaltung einen niedrigeren Wertansatz erstreiten. Durch die Vermögensteuerpflicht vieler mittelständischer Unternehmer*innen wären diese gezwungen, die Liquidität für diese Steuer aus Ihren Unternehmen durch Entnahmen bzw. Ausschüttungen zu entnehmen. Die Folge wäre, dass diese finanziellen Mittel nicht für Investitionen im Unternehmen zur Verfügung stehen würde.
Mit der Einführung der Vermögensteuer würden wir einen riesigen Bürokratieaufwand in den Unternehmen und in der Finanzbehörde erzeugen, den wir an anderer Stelle zu Recht abbauen wollen. Wir würden von den Reichen in unserer Gesellschaft nicht den Steuerbeitrag erhalten, den wir ihnen unter Gerechtigkeitsaspekten abverlangen wollen, da sie sich entsprechend beraten lassen, um die Steuerlast zu mindern. Der Gedanke, die Steuerlast an die Staatsangehörigkeit anzuknüpfen, wird daran nichts ändern. Wir würden mit der Einführung der Vermögensteuer den Beratungsbedarf von Steuerpflichtigen erheblich erhöhen, fordern an anderer Stelle eine drastische Steuervereinfachung, um Steuerberater*innen weitestgehend entbehrlich zu machen.
Wir würden die Machtkonzentration in der Beratungsbranche, die ohnehin mit ihren oligarchischen Strukturen ein unerträgliches Maß angenommen hat, noch weiter befördern, kämpfen aber gleichzeitig gegen Machtwirtschaft.
Mit der Wiederbelebung der Vermögensteuer würden wir den von uns gewünschten Gründergeist nicht wecken sondern Vorbehalte, die einer Selbstständigkeit gegenüber bestehen, noch verstärken.
Wenn wir unsere ureigenen ökologischen Ziele, verknüpft mit einem nachhaltigen ökonomischen Ansatz, politisch durchsetzen wollen, müssen wir die mittelständischen Unternehmer*innen auf diesem Weg mitnehmen. Die Wiederbelebung der Vermögensteuer ist dabei kontraproduktiv.
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