Veranstaltung: | 40. Ordentliche Bundesdelegiertenkonferenz |
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Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Karl-W. Koch (KV Vulkaneifel) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 30.09.2016, 16:01 |
V-59: Finanzkompromiss zur Entsorgung nur bei vollständigem Atomausstieg!
Antragstext
Die Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis´90/Die Grünen stellt fest:
Nachdem sich die Bundesregierungen der letzten zehn Jahre verweigert haben, hat die
aktuelle, CDU- und SPD-geführte Regierung unter dem anhaltenden Druck der Grünen eine
Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs (KFK) eingesetzt, um
die Finanzen bei der Abwicklung der atomaren Altlasten zu regeln. Die Bundestagsfraktion von
Bündnis´90/Die Grünen, obwohl diese sich derzeit in der Opposition befindet, war in die
Arbeit der KFK durch die Benennung von Jürgen Trittin als einem der drei Vorsitzenden
eingebunden. Dies hat zu einer deutlichen qualitativen Verbesserung im Ergebnis der KFK
geführt,. Erreicht wurde immerhin ein Konsens inklusive der CDU und des BDI. Offenkundiges
Ziel der Einbindung war jedoch, dass bei der finanziellen Belastung der Steuerzahler*innen
zur Abwicklung der Atomkraft die Grünen als die Partei, der in atompolitischen Fragen die
größte Deutungshoheit zugewiesen wird, mit an Bord sein soll.
Der Vorschlag der Kommission sieht vor, dass die Atomkonzerne RWE, E.on, EnBW und Vattenfall
zwar die Kosten der Stilllegung und des Rückbaus der Atomkraftwerke weiterhin vollständig zu
tragen haben, für Zwischen- und Endlagerung sollen die Kostenverpflichtungen allerdings
gedeckelt werden: 17,2 der ca. 40 Milliarden Euro, die die Konzerne bisher an Rückstellungen
gebildet haben, sollen in einen öffentlich-rechtlichen Fonds für Zwischen- und Endlagerung
eingezahlt werden zuzüglich eines „Risikoaufschlags“ Dieser Risikozuschlag von ca. 35 %
deckt in keiner Weise die bei Großprojekten dieser Art erfahrungsgemäß zu erwartenden
Kostensteigerungen ab, die bei 100% und mehr liegen können und die gerade im Fall der
nuklearen „Entsorgung“ extrem unkalkulierbar sind. Anders als z.B. in Finnland, Schweden und
dem Groß Britannien werden den AKW-Betreibern in Deutschland keine Nachschusspflichten
auferlegt, die in der Zukunft von prosperierenden Konzernen durchaus geleistet werden
können. Die Verursacher der nuklearen Abfälle sind somit von möglichen höheren Aufwendungen
durch unvorhergesehene Kostensteigerungen (Beispiele Asse, Wismut) völlig entlastet. Für
diese finanziellen Zusatzlasten werden dann die Steuerzahlenden zur Kasse gebeten. Selbst
die von den Unternehmen investierten Baukosten in den „Schwarzbau Gorleben“ machen dies
längst nicht wett. Diese Verletzung eines konsequenten Verursacherprinzips in der nuklearen
„Entsorgung“ ist der Hauptgrund für die Kritik fast aller Umweltverbände und aller Anti-Atom
Initiativen am Vorschlag der Kommission.
Nur die Einrichtung eines öffentlich-rechtlichen Fonds für alle bestehenden und künftig zu
bildenden Rückstellungen mit einem lückenlosen Nachhaftungsgesetz zur Verhinderung der
Abspaltung lukrativer Unternehmenszweige würde dem Verursacherprinzip vollumfänglich
Rechnung tragen. Hierfür gibt es derzeit keine politischen Mehrheiten.
Die von der Finanzkommission vorgeschlagene Vorgehensweise löst das bisher im Atomgesetz
geltende 100%ige Verursacherprinzip ab.
Die Bundesdelegiertenkonferenz erklärt angesichts dieser Sachlage:
Wir haben schon immer einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsfonds gefordert. Aber wir
lehnen es ab, dass sich die Atomkonzerne dabei gleichzeitig die Chance offen halten, die
eingezahlten Gelder durch ihre immer noch laufenden Klagen gegen den Atomausstieg zumindest
zum Teil von den Steuerzahler*innen der jetzigen Generation zurück zu holen. Der Staat kann
mit ihnen einen Finanzkompromiss zur Entsorgung nur dann eingehen, wenn sie alle Klagen
zurückziehen.
Zu einer Vollendung und Absicherung des Atomausstieges sind zudem unverzichtbar:
- Eine Entfristung der Brennelemente-Steuer: Auch über den 31.12.2016 hinaus muss die
Brennelemente-Steuer erhoben werden.
- Die Festlegung des Atomausstiegs und der Verzicht auf eine künftige Nutzung der
Atomkraft durch die Aufnahme ins Grundgesetz : Nach dem aktuellen Stand können
künftige Bundesregierungen den Atomausstieg ohne eine 2/3 Mehrheit im Parlament nicht
rückgängig machen. Wir haben das bereits einmal erlebt!
- Die schnellstmögliche Stilllegung der Brennelemente-Fertigungsanlage in Lingen und der
Urananreicherung in Gronau unter Ausschöpfung aller politischen und rechtlichen
Mittel. Deutschland darf die Pannenmeiler in Tihange und Doel nicht weiter beliefern;
- Die umgehende Abschaltung der Siedewasserreaktoren (vergleichbar Fukushima) in
Gundremmingen entgegen der aktuellen Planung aufgrund des Gefährdungspotentials;
- Eine Forschungswende in der Nuklearforschung: Öffentliche Forschungsgelder der
Bundesregierung dürfen nicht weiter für die Nutzung der Atomkraft (z.B.
Fusionsforschung in Greifswald und Mitfinanzierung ITER-Reaktor in Frankreich)
ausgegeben werden, sondern müssen Sicherheitsfragen des Atomausstieg und der Lagerung
von Atommüll bearbeiten. Diese ausstiegsbezogene Forschung ist dringend zu
intensivieren.
- Die umgehende Initiierung einer Konferenz der Vertragsstaaten von EURATOM durch die
Bundesregierung mit dem Ziel, diesen in einen Vertrag zur Förderung der
Atomkraftnutzung in einen zum Atomausstieg und zur gemeinsamen Regelung zum Rückbau
und der Entsorgung der nuklearen Abfälle unter Aufrechterhaltung eines EU-weiten
Exportverbots umzuwandeln.
Begründung
Begründung folgt
Weitere Antragsteller*innen
- Hartwig Berger (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Andreas Knoblauch (KV Salzgitter)
- Ralf Henze (KV Odenwald-Kraichgau)
- Thomas Dyhr (KV Barnim)
- F. Lothar Winkelhoch (KV Oberberg)
- Andrea Piro (KV Rhein-Sieg)
- Peter Kallusek (KV Südliche Weinstraße)
- Claudia Laux (KV Bernkastel-Wittlich)
- Klemens Griesehop (KV Berlin-Pankow)
- Stephan Wiese (KV Stormarn)
- Uwe Dietrich (KV Lüchow-Dannenberg)
- Martin Schmidt (KV Chemnitz)
- Julian Breitschwerdt (KV Karlsruhe-Land)
- Marc Nohl (KV Rhein-Berg)
- Stephanie Nabinger (KV Trier-Saarburg)
- Michael Gwosdz (KV Hamburg-Altona)
- Kristian Petri (KV Berlin-Mitte)
- Micaela Haas (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Tobias Balke (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
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